Sprachbloggeur: Danke, dass Sie heute ein bisschen Zeit genommen haben, um mit uns zu reden. Ich bin überzeugt, dass Sie unter Zeitdruck stehen. Wenn ich bedenke, dass ich täglich ca. 1000 Spamkommentare bekomme, bei denen Ihr Name als Absender vielleicht zu 80% steht, so denke ich mir: Ich bin bestimmt nicht Ihr einziger Kunde. Oder?
Tuyetsmest: Wohl wahr, lieber Herr Sprachbloggeur, und darf ich sagen: Es freut mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen. In meinem Beruf kommt eine solche Begegnung nur selten zustande. Und darf ich sagen: Ihre Webseite hat mich schon besonders interessiert. Ihre Titel sind häufig derart apart! Allerdings muss ich eingestehen, dass ich den Sinn ausschließlich über den Google-Übersetzer verstehe.
Sprachbloggeur: Ein wichtiger Punkt. Vielleicht müssen wir unsere Leser informieren, dass wir dieses Gespräch auf Englisch führen und dass Sie Englisch nicht ganz akzentfrei reden. Dafür aber nicht schlecht.
Tuyetsmest: Oh danke! Von Ihnen ist das ein Kompliment!
Sprachbloggeur: Wenn ich mich täusche, dürfte Russisch Ihre Muttersprache sein. Es könnte aber auch Bjelorus oder Ukrainisch sein.
Tuyetsmest: Nein, Sie haben richtig getippt – und ich bin ebenso stolz auf meine Sprache wie Sie auf Ihre.
Sprachbloggeur: Das höre ich gerne. Vielleicht könnten Sie mir und meinen Lesern dann erklären, wieso Sie als sprachenverliebter Mensch ins Spamkommentargeschäft gestiegen sind? Denn mir kommt es vor – wenn ich’s sagen darf – , dass Sie genau das Gegenteil tun vom dem, was Sie zu bewundern behaupten. Sie gehen nämlich respektlos mit der kreativen Arbeit anderer um. Entschuldigen Sie, wenn ich das so deutlich ausdrücke.
Tuyetsmest: Um Gottes willen. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Wissen Sie, Herr Sprachbloggeur, ich halte meine Arbeit für ebenso kreativ wie Sie die Ihre. Bedenken Sie aber. Täglich erhalten Sie um die 1000 Spamkommentare. Manche Kunden bekommen sogar noch mehr als Sie. Stellen Sie sich vor, was das für einen Aufwand ist! Ich muss auf laufenden Band hunderte von kurzen Spamtexten schreiben, die ich dann an die Kundschaft – Blogger wie Sie – verschicke. Und irgendwie müssen auch meine Texte witzig wirken. Manchmal komme ich wahrhaftig ins Schwitzen. Vor allem deshalb, weil es mir Spaß macht, so viele sprachliche Abwechselung wie möglich zu produzieren. Sonst wird die Arbeit einfach zu dröge. Und Langeweile wünscht sich kein halbwegs schöpferischer Mensch. Oder?
Sprachbloggeur: Ja, das verstehe ich gut. Auch ich will wöchentlich meinen Lesern Neues, Frisches anbieten…
Tuyetsmest: Und das machen Sie auch! Chapeau, Gospodin Sprachbloggeur!
Sprachbloggeur: Erzählen Sie, warum Sie sich „Tuyetsmest“ nennen. Das ist mit Sicherheit ein erfundener Name. Einmal habe ich sogar „Tuyetsmest“ gegoogelt…
Tuyetsmest: Sie meinen, Sie haben beim „Vorsitzenden Google“ geschaut. So schreiben Sie es immer. Find ich köstlich…
Sprachbloggeur: Danke. Ich habe jedenfalls unter diesem Namen „Tuyetsmest“ nichts gefunden – mit Ausnahme eines Hinweises auf einen Text von mir. Denn einmal hatte ich versehentlich einen Ihrer Schmuddelkommentare veröffentlicht. Ich habe ihn allerdings schnell wieder gelöscht…
Tuyetsmest: Na, sehen Sie! Der Vorsitzende Google vergisst nichts! Den Sinn meines Namens? Eigentlich ein russisches Wortspiel. Die freundliche Übersetzung wäre „an deiner Stelle“…
Sprachbloggeur: Und die weniger freundliche Übersetzung…?
Tuyetsmest: Fragen Sie lieber einen Russen. Ich drücke mich ungern vulgär aus. Ich hatte eine gute Kinderstube.
Sprachbloggeur: Also dann noch eine Frage: Wozu Ihren Dreck ins Netz schleudern? Um Treffer für diverse – inklusive pornografische Seiten – zu erzeugen? Damit meine ich: um das sog. „Ranking“ peinlicher Seiten zu bessern?
Tuyetsmest: Das denken viele Leute. Aber ganz ehrlich gibt es einen anderen, trefflicheren Grund für meine Arbeit: Um Chaos zu verursachen – um Kommunikation zu stören. So einfach ist es.
Sprachbloggeur: Und was haben Sie davon?
Tuyetsmest: Sagen Sie lieber: Was hat mein Arbeitsgeber davon?
Sprachbloggeur: Sie meinen wohl den russischen Geheimdienst?
Tuyetsmest: Das sagen Sie.
Sprachbloggeur: Schon gut. Was hat Ihr Arbeitsgeber davon?
Tuyetsmest: Habe ich ja gesagt: Chaos zu säen.
Sprachbloggeur: Und wozu dieses Chaos? Leben Sie gern in chaotischen Verhältnissen?
Tuyetsmest: Um Gottes willen keinesfalls! Ich bin ein ordentlicher Mensch. Aber ich merke jetzt. Sie möchten mich sanft in einen Widerspruch bugsieren. Vielleicht setzen wir dieses Gespräch lieber ein anderes Mal fort. Ich darf nur so viel sagen…
Sprachbloggeur: Ist schon recht. Aber da dies meine Webseite ist, bestehe ich auf etwas Grundsätzliches…
Tuyetsmest: Und das wäre…?
Sprachbloggeur: das letzte Wort.
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Sie sind mein Held!
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