Neueste Nachricht: Deutsch sprechen ist wieder – wie soll ich’s sagen – „in“. Im Klartext: Denglisch ade.
Ich habe diese Botschaft – zwar etwas weniger überspitzt – in einem schönen Artikel der Autoren Sebastian Balzter und Julia Löhr in der Wochenendausgabe der FAZ (14./15. Februar 2009) aufgeklaubt. Darin erfährt man: Die deutschen Großfirmen besinnen sich wieder auf die Landessprache.
Der Grund dafür: Es hat sich herausgestellt, dass viele Mitarbeiter internationaler Unternehmen sich präziser auf Deutsch verständigen als auf Englisch, was nicht überrascht. Lange wurden Meetings auf der Chefetage mit Vorliebe "in English" geführt, mit dem Resultat: Wer die Fremdsprache am besten beherrschte, ergriff am ehesten und am häufigsten das Wort. Die Fremdsprachengenies waren , was die Geschäfte betraf, allerdings nicht immer die hellsten. Wer hingegen gute Ideen hatte, die er (oder sie) nicht in fließendem Englisch habe ausdrücken können, sei verstummt. Ein Lehrbeispiel der darwinschen Selektion.
Ein typischer Fall: In den Jahren 1999 bis 2003 hat die fusionierte Daimler-Chrysler-Firma 30 Milliarden Euro Verluste gemacht. In der gleichen Zeitspanne erzielte Porsche erhebliche Gewinne. Bei ersterer Firma talkten deutsche Manager Englisch, bei letzterer Deutsch. Ob die Sprachwahl eine Rolle in der finanziellen Situation gespielt habe, sagen die Autoren, bleibe freilich dahingestellt.
Ist es nur Zufall, dass manche deutsche Unternehmen zur deutschen Sprache zurückfinden? Neulich habe der Englisch sprechende Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann vor Journalisten beteuert – auf Deutsch: „Wir heißen Deutsche Bank und sind Teil von Deutschland.“
Warum erzähle ich alldies? Nein, Sie werden hier keiner müden oder passionierten Polemik gegen das Denglische ausgesetzt. Im Gegenteil. Ich will lediglich darauf hinweisen, was ich stets behaupte: Die ganze Trubel um das Aufgehen des Deutschen im Englischen war schon immer eine Freizeitbeschäftigung aufgeregter Puristen – und natürlich nervöser Verlage, die stets auf der Suche nach aufregenden Themen sind.
Doch nun verrate ich Ihnen ein schmutziges kleines Geheimnis: Die deutsche Sprache war nie in Gefahr, vom Englischen einverleibt zu werden – auch wenn das Englische bis heute als hip, cool und modisch gilt.
Wir befinden uns aber in einer Weltwirtschaftskrise. Man wird im Allgemeinen sparsamer – was auch für die Sprache gilt. Das Spielerische passt momentan nicht so ganz zu der Stimmung der Zeit. Mal sehen, wieviele der allseits beliebten englischen Wörter der Gegenwart den deutschen Pass erhalten werden. Ich vermute, dass der Begriff „shareholder value“ ganz vergilben wird. Der „Airport“ wird sicherlich wieder zum „Flughafen“ werden.
Über die Reinheit der Sprache zu spekulieren, ist nunmal ein Luxus sorgloser Zeiten. Eine Sprache ist (und war schon immer) ein kollektives Projekt. Allen Unterweisungen und Rotstiftmarkierungen der Deutschlehrer zum Trotz verändert sich die Sprache. Das ist ihre Natur.
Herzliches Willkommen in der Wirtschaftskrise, einer Zeit der gnadenlosen Korrektur. Das Thema Denglisch wird bald so sehr nach gestern klingen wie die dicken Boni und die unantastbaren Manager der Gegenwart es sind.
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