Sagt Ihnen der Name „Herostrat“ etwas?
Am 21 Juli 356 v.Chr. hat dieser Knallkopf den Artemistempel in Ephesos in Brand gesteckt. Als Grund dafür gab er an, er wollte seinen Namen unsterblich machen. Ich weiß nicht, wie es möglich war, einen so großen Marmortempel anzuheizen, bin aber kein Architekt. Aber so lautet die Geschichte.
Wie kam er auf diese Wahnsinnsidee? Hatte er eine Verhaltensstörung, weil er als Kind misshandelt oder missbraucht worden war? Solche Fragen hätten die alten Griechen wenig interessiert. Man hat den wirren Brandstifter nach kurzem Prozess hingerichtet. Um seinen Ruhmesplan zu vereiteln, wurde ein Gesetz verabschiedet, dass das Aussprechen seines Namens verbot. Zuwiderhandlungen wurden mit dem Tod geahndet.
Dennoch kennt man den Namen bis zum heutigen Tag. „Hersostrat“ steht sogar im Duden, in der Bedeutung: „Verbrecher aus Ruhmsucht“.
Ist die Rechnung also doch aufgegangen?
Natürlich nicht. Hand ins Feuer: War Ihnen Herostrat ein Begriff, bevor Sie mit der Lektüre dieser Glosse begannen? Wer kennt diesen Namen heute außer ein paar unzeitgemäßen Bildungsbürgern? Ich selbst kam überhaupt nicht mehr darauf. Ich musste verschiedene Wortkombinationen googeln, um ihn zu finden. Etwa: „Grieche“, „Ruhm“, „Feuer“ und dergleichen.
Meine Googlesuche führte übrigens nicht sofort zu Herostrat, sondern zu Seiten über eine Frau auf Kreta, die in der griechischen Presse zu Berühmtheit gekommen ist, weil sie die Genitalien eines aufdringlichen britischen Touristen mit einer einheimischen Schnappssorte in Brand gesetzt hatte. Ich habe den Bericht nur flüchtig gelesen.
So ist die Sache mit dem Ruhm: flüchtig wie Rauch. Ich musste an den berühmten Spruch von Andy Warhol denken, er selbst kein Unbekannter. Können Sie sich erinnern? Er versprach jedem „fünfzehn Minuten der Berühmtheit“. Heute sind diese „fifteen minutes of fame“ zu einem stehenden Begriff geworden – zumindest auf Englisch.
Fakt ist: Warhol hat das nie so gesagt. Das weiß ich zufällig. Denn ich habe den genauen Wortlaut noch immer im Kopf. Wir schreiben das Jahr 1973. Damals lebte ich in San Franciso. Eines Tages hörte ich in den Radionachrichten folgende Meldung (hier meine deutsche Übersetzung): „Laut dem Künstler Andy Warhol wird jeder bis 1974 für fünfzehn Minuten berühmt sein.“
Warum hat er diesen bissigen Satz geäußert? Es war sein Kommentar zu einer damals neuen Unsitte: dem Straßeninterview. Unbescholtene Bürger wurden von einem Kamerateam urplötzlich angefallen und zu einem aktuellen Thema befragt. Dieser Vorgang erweckte zunächst bei den Befragten nur Befremden, man war auf ein solches Attentat nicht vorbereitet. Doch manche erkannten darin eine Chance und benutzten diesen unverhofften TV-Auftritt, um sich selbst öffentlich zu profilieren.
Ja, liebe Bürger des zweiten Jahrzehnts des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Es gab eine Zeit, als die Privatsphäre um einiges privater war, als sie heute ist. Man wurde nicht von freiberuflichen Journalisten, die unter furchterregenden Leistungsdruck standen, angebaggert, belästigt und umworben.
Andy Warhol hat die Tendenz des Phänomens schon damals vorgeahnt, obwohl er weder „Big Brother“, „Dschungelcamp“ noch „Deutschland (bzw. Amerika, UK usw.) sucht einen Superstar“ kannte.
Gestern jährte sich der 75. Todestag von John Gilbert. Er starb 1936 im Alter von 38 Jahren . Noch nie von ihm gehört? Berühmter amerikaner Schauspieler. Ein schöner Mann, Schwarm einer ganzen Generation liebesdürftiger amerikanischer Mädchen.
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