Wo soll ich anfangen? So vieles Interessantes zu erzählen, wobei sich das ganze eigentlich um das Wunschträumen dreht.
Zum Beispiel, die Mail, die ich gestern vom Absender "Wunschtraum.de“ – oder war das "Wunschtraum.com“ – erhielt? So genau habe ich nicht hingeschaut, und schon war das Spam im digitalen Reißwolf verschwunden. Wenn ich mich erinnere, wollte mir der "Phisher“ ein "enthemmtes Geschöpf“ anbieten. Oder war das ein "verklemmtes Geschöpf“? Einen Wunschtraum jedenfalls.
Bei "Spiegel Online“ erfuhr ich von einem Menschen in Berlin, der ins Gehege des inzwischen 200kg schweren Eisbärs Knut geklettert war. Der Mann gab als Grund für die Tat seine Einsamkeit an. Er meinte, dass auch Knut einsam sei.
Und man soll an dieser Stelle den Wunschtraum des amerikanischen "Finanziers“ Bernard Madoff nicht außer Acht lassen. Er traümte zeit seines Lebens davon, reich, mächtig und geachtet zu werden. Und siehe da! Es ist ihm gelungen! Leider nur als Hochstapler. Er hat in den letzten Jahren tausende Investoren um ca. 50 milliarden Dollar gebracht.
Madoff setzte, um seinen Wunschtraum zu verwirklichen, den sogenannten "Ponzi-Trick“ ein. Auf Englisch: "Ponzi-Scheme“. "Scheme“ ist ein "Dreh“.
So ist er vorgegangen: 1.) Er gründete eine Investmentfirma und versprach seinen Kunden hohe Renditen. 2.) Um das Versprechen einhalten zu können, bezahlte er die Renditen seiner alten Kunden mit dem investierten Geld seiner neuen. 3.) Es sprach sich herum, dass seine Investmentfirma "solide“ sei. Er konnte also stets neue Kunden anwerben.
Erst die Finanzkrise brachte ihn zum Fall.
Man hat diese Masche nach dem Italo-Amerikaner Charles Ponzi benannt. Ponzi hat das erfolgsversprechende Geschäftsmodell in den 1920er Jahren mehrmals und unter verschiedenen Namen praktiziert. Er war dennoch nicht der Erfinder. Schon 1899 hatte sich der Amerikaner William Miller, ein Buchhalter in Brooklyn, mit gleicher Methode eine goldene Nase verdient. Auch er war nicht der Erfinder.
In Deutschland kennt man diesen Betrug unter dem Namen "Schneeballsystem“, bzw., "Schneeballeffekt“. Der Begriff "Schneeballsystem“ gibt in der Tat ein schönes Bild. Man stellt sich einen im Schnee rollenden Schneeball vor, der sich rasch bewegt und stets größer wird. Über die Herkunft dieses Begriffs habe ich leider nichts zu sagen. Immerhin: Der große "Duden“ beschreibt das Phänomen bereits in den 1970er Jahren als "Form des Warenabsatzes, bei der sich der Käufer verpflichtet, einen Teil des Kaufpreises dadurch zu begleichen, dass er neue Kunden vermittelt, die den gleichen Bedingungen unterliegen.“
Auch "Hydrasystem“ wird es im Deutschen genannt – nach jenem enthemmten Geschöpf der griechischen Mythologie, dem für jeden abgehackten Kopf zwei nachwuchsen. Oder "Pyramidenspiel“. Auch dies ein klares Bild. Denn die "Spitze“ der Pyramide erzielt ihre Gewinne nur, wenn die Basis immer breiter wird. Leider weiß ich nicht, wie lange diese Begriffe im Umgang sind. Man nehme von Peter, um Paul zu geben ("take from Peter to give to Paul“) sagte man im früheren Englisch. Auch die lästigen Kettenbriefe – einst per Post, heute übers Netz geschickt – sind eine Form des "Ponzi-Scheme“.
Alles wie gesagt nichts Neues, nur alte Wunschträume. Schon 1746 gründete ein gerissener Graf namens Karl Ludwig von Wied-Neuwied eine "Dukatensozietät“, die den selben Zweck hatte. Damals konnte er 416 Mitglieder in ganz Deutschland für sein Schneeballsystem begeistern – bis es verboten wurde.
Komisch, dass ich gerade zu Weihnachten an Wunschträume denke. Verschenken Sie dieses Jahr lieber etwas Wirklichkeit. Sie werden jemandem damit ganz bestimmt eine große Freude machen. Frohes Fest.
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