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Höchste Zeit, den "Ichling" kennenzulernen

Wie ich auf prolognews.com gestoßen bin, kann ich leider nicht mehr sagen. Dank diesem glücklichen Zufall bin ich aber dem "Ichling“ begegnet.

Stephanie aus Sandförde im Nordosten des Landes veröffentlichte auf dieser Webseite unter der Rubrik "Neue Wörter“ einige Zeilen über diverse von ihr vorgeschlagene Kandidaten für die Aufnahme in die deutsche Sprache.

So, zum Beispiel, die "Rückfütterung“. Mit dieser Lehnübersetzung wollte sie das englische "Feedback“ ad acta legen. Mich hat sie mit ihrer Empfehlung jedenfalls nicht überzeugt. Mir kommt "Rückfütterung“ vor wie eine Aufpolsterung für schwache Rücken. Die deutsche Sprache hat ohnehin schon längst ein eigenes, schönes und sehr technisch klingendes Wort für "Feedback“: die "Rückmeldung“ – manchmal "Rückkoppelung“ genannt.

Wenn ich mich nicht irre, hat der amerikanische Mathematiker Norbert Wiener den Begriff "feedback“ in seinem Buch "Kybernetik“ (1948) geprägt, dessen Thema die Steuerung von Informationssystemen ist. Das "Feedback“ ist Wiener zufolge nichts anderes als ein Signal – akustisch oder visuell – , das einen Systemoperateur erkennen lässt, wann ein elektronisches System ein Kommando ausgeführt hat. Es handelt sich also im wahrsten Sinn des Wortes um eine "Rückmeldung“. Letztendlich ist "Rückmeldung“ (oder auch "Rückkoppelung“) als Begriff viel anschaulicher als "Feedback“. Information wird nicht „zurückgefüttert“, sondern „zurückgemeldet“.

Auch "Schauband“ steht auf Stephanies Liste und soll als Synonym für "Videoband“ dienen. Meinetwegen. Aber Hand aufs Herz: Wer braucht ein neues Wort für eine antiquierte Technik?

"Frohhibbelig“ hingegen jederzeit. Das Wort erklärt sich von selbst und klingt in meinen Ohren wie die Freude der Hobbitts oder sowas. Meinerseits also keine Einwendung.

Aber jetzt zum "Ichling“! Welch glücklicher Wurf! Ein geborener Tausendsasa! Ein Quereinsteiger! Ein Senkrechtstarter höchster Qualität! "Egoisten“ ade, in Deutschland möge man fortan nur noch vom "Ichling“ reden! Ich mochte das Wort auf Anhieb und werde es stets verwenden, wo ich früher "Egoist“ sagte. Nur eins, liebe Stephanie: Es handelt sich hier keineswegs um eine Neuschöpfung. Schon die Brüder Grimm kannten den "Ichling“. Unter diesem Stichwort haben sie in ihrem Wörterbuch Jean Paul zitiert: "Allerdings genießt der Ichling den größten Grad häuslichen Glücks, nämlich sein eigenes.“ "Grimm“ führte übrigens auch den "Ichmensch“ und den "Ichsüchtler“ auf – auch das sind schöne Wörter.

Ich sage dem "Ichling“ eine rosige Zukunft voraus. Denn seine Stunde hat wahrlich geschlagen. Die Amerikaner geben mit ihrer "me generation“ an. Nun kann Deutschland mit dem "Ichling“ Paroli bieten. Die "Ichlinge“ sind nicht nur im Kommen. Sie genießen seit Jahren Hochkonjunktur und haben sehnlichst auf das Wort gewartet, dass ihr Wesen treuherzig umfasst. "Ichling“ als Kandidat fürs "Wort des Jahres“ 2009? Warten wir’s ab. Werden Sie einstweilen Mitglied meines neuen "Fördervereins Ichling“ und hibbeln Sie froh dem neuen Zeitalter entgegen.

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