An der Zeit, mich wieder heftig zu blamieren.
„Hast du ein paar neue Wörter für mich?“ frage ich meinen Sohn.
Er schaut mich mit der üblichen Ungeduld an, hält kurz inne und antwortet. O Freude! Mit einer Antwort habe ich gar nicht gerechnet. „Ja, was man in letzter Zeit oft sagt, ist ‚abatzen’.“
„Und was bedeutet ‚abatzen’?“ Es folgt ein fassungsloser Blick. „Das ist eben das Problem. Ich kann es dir nicht erklären. Man kann diese Wörter ja gar nicht erklären.“
„Warum nicht? Wenn du ein Wort verwendest, dann musst du wissen, was es bedeutet.“
„Abatzen…es ist mit ‚Atze’ verwandt. Du bist der große Atzenexpert.“
Er bezieht sich auf meine Glosse über die Atzen, die mittlerweile über 45.000 mal angeklickt wurde – was mich übrigens sehr überrascht hat. „Kannst du mir wenigstens einen Beispielsatz sagen?“
„Ja, man sagt es, wenn man nichts tut.“
„Es bedeutet also ‚herumlungern’?“
„Irgendwie sowas.“ „Kann man, zum Beispiel, sagen ‚die atzen den ganzen Tag ab’?“
„Meinetwegen. Es klingt aber sehr komisch, wenn du es benutzt. Man ist halt voll am Abatzen. Mehr kann ich nicht dazu sagen.“
„Hast du noch andere neue Wörter?“
„Nein.“
Ende des Gesprächs, aber nur halb so schlimm, und ehrlich gesagt, bin ich nicht überzeugt, dass ich das Wort auch nur annähernd verstanden habe. Eine anschließende Google-Suche ergibt bescheidene 380 Treffer, wovon die meisten wohl so gut wie nichts mit „voll am Abatzen“ zu tun haben. Sie beziehen sich vielmehr auf ein falsch buchstabiertes „abätzen“. Nur bei einer (mir) obskuren Seite, ILST XIII, entdeckte ich den Fetzen eines „Chats“ vom Dezember 2007 – uralt also. Olaf F. schreibt: „lieber Islt13 Ihr müsst mehr feiern gehen!! Was soll der scheiss? wer hat diese ****** Homepage programmiert? Kein Logo, kein Motto,Risotto,spielt lieber Lotto!!! wer lernt, kann durchfallen. wer nicht lernt ist schon durchgefallen!“ Dido antwortet: „ich stehe auch auf abatzen! wollen wir uns vielleicht mal treffen? und dann zusammen abatzen!? würd mich freuen! wollte schon immer mal mit so einem wie dir abatzen! deine dido“
Vielversprechend klingt das Angebot, ist wahrscheinlich absolut harmlos.
Wie dem auch sei. Bin ich heute auf ein nagelneues Wort aus der Jugendsprachefabrik gestoßen? Wenn ja, dann habe ich dessen Sinn noch kaum verstanden. Aber vielleicht hat mein Sohn doch recht. Manche Wörter sagt man, ohne sie erklären zu können, zu müssen. Dabei sein ist wohl alles. An dieser Stelle atze ich selbst ab.
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