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Hurra, hurra, der Schnee ist wieder da!

Für heute haben die Wetterfrösche Schnee angesagt. Und es hat gestimmt! Der passende Augenblick wohl, um sich ein paar Gedanken über das Wort "Schnee“ zu machen.

Zunächst aber ein kurzer Abstecher hin zum Begriff "Wetterfrosch“, den es seit etwa 1870 gibt. Damals war es Mode, Laubfrösche – diese galten nämlich als zuverlässige Wettervorhersager – in Einmachgläsern einzusperren. Stieg das Tierchen auf der im gläsernen Gefängnis befindlichen Leiter hinauf, so deutete man diese Verzweiflungstat des Frosches als Anzeige eines Wetteraufschwungs. Blieb es traurig am Boden, dann hieß das schlechtes Wetter. Heutige Wetterfrösche werden hingegen im Fernsehkasten eingesperrt.

Zurück zum "Schnee“. Die meisten Sprachforscher halten dieses Wort für einen Bestandteil der urindogermanischen Sprache. Griechisch "niphos“, Latein "nix“, Litauisch "sniegas“, Altslawisch "snegu“, Altirisch "snechta“ stammen de fakto vom gleichen Urwort ab. Was sagt das aus? Dass das indogermanische Urvolk einer Gegend entstammte, wo es schneite! Übrigens: Die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes, so die Linguisten, war "das Klebrige“, "das Pappige“. Klingt durchaus nachvollziehbar.

Doch nun was ganz anderes über den "Schnee“. Haben Sie mal davon gehört, dass die Eskimos fünfzig verschiedene Begriffe für "Schnee“ kennen? Klingt auch nachvollziehbar. Immerhin ist der Schnee bei den Inuit (so nennen sich die Eskimos) ein wesentlicher Bestandteil ihrer Umwelt. Man erwartet, dass sie dieses Element differenziert betrachten.

Aber dann las ich in der Wochenendausgabe der Süddeutchen Zeitung in einem interessanten Artikel des Journalisten Axel Rühle, dass die Inuit in Wahrheit lediglich zwei Wörter für "Schnee“ kennen: "qanik“, wenn er liege und "aput“, wenn er falle. Rühle gibt als Quelle die Linguistin und Anthropologin Laura Martin an. Während der 80iger Jahre verbrachtete sie längere Zeit mit den Inuit und fragte einige Informanten, wie sie das flockige Zeug da nennen.

Ende der Geschichte? Für mich nicht. Hätte Laura Martin mich gefragt, wie wir in New York das flockige Zeug da nennen, hätte ich ihr vielleicht gesagt: Manchmal sagen wir "snow“, manchmal "packing snow“, manchmal "powder snow“, manchmal "sleet“ (Eisregen), manchmal "slush (Schneematsch)“. Soviel hätte ich ihr allerdings nur verraten, wenn ich in dem Augenblick besonders gut aufgelegt gewesen wäre. Sonst hätte ich wohl nur "snow“ gesagt. Ich vermute, dass die Inuit noch einige Wörter mehr für den Schnee auf Lager haben, als sie Frau Martin anvertrauten. Ich sage dies nicht ohne Grund.

Zufällig habe ich letztes Jahr ein faszinierendes Buch, "The Last Gentleman Adventurer – Coming of Age in the Artic“ gelesen. Es sind die Memoiren eines gewissen Edward Beauclerk Maurice, eines Engländers, der 1930 mit sechzehn Jahren Azubi bei der Hudson’s Bay Company im nördlichen Kanada wurde. Die nächsten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er bei den Inuit und beherrschte ihre Sprache. Er berichtet zwar nie von 50 Wörtern für Schnee – diese Zahl ist gewiss legendenhaft – dennoch unterscheidet er stets, wenn von Schnee die Rede ist. Es gibt den weichen Schnee (sehr ungünstig für die Schlittenhunde), harten Schnee (ausgezeichnet für die Schlitten), Schnee, der für den Bau des "Schneehauses“ geeignet ist, seichten und tiefen Schnee, Eisregen, Schneematsch usw. Meinen Sie, man könne dies alles nur mit „qanik“ und „aput“ ausdrücken? Ich glaube nicht.

Doch ich lasse mich gerne auf einen Kompromiss ein: Wie wäre es, wenn wir sagten, die Eskimos kennen 20 oder sogar nur 10 Wörter für das pappige Zeug? Durch Kompromisse kommt man oft der Wahrheit näher.

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