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Ärger mit den Deals

Am Mittwoch habe ich in den Fernsehnachrichten erfahren, dass die Arbeitslast der Gerichte durch "Deals“ erleichtert werden soll. Das heißt: Staatsanwalt und Verteidiger setzen sich zusammen, um ein allerseits annehmbares Strafmaß auszuhandeln. Das soll einem gestressten Richter viel Kopfzerbrechen ersparen.

"Deal“ im Sinn eines "Handels“ bzw. "Geschäfts“ ist kein Newcomer in der deutschen Sprachszene. Mindestens seit den 1960er Jahren macht man "Deals“. Folgendes Zitat aus dem "Mannheimer Morgen“ vom 25. April 1969 habe ich im "Duden“ gefunden: "Die Übernahme von Wintershall war ein faires Deal.“

Zu bemerken: 1976 – das Erscheinungsjahr meines "Duden“ – waren sowohl "das“ wie auch "der“ Deal möglich. Im obigen Beispiel aus dem MM war der Deal noch ein "das“. Im neuesten "Duden“ (2006) ist ein "Deal“ eindeutig männlich geworden.

Schon mehrmals habe ich Ihnen mein Leid über das Genus im Deutschen geklagt. Bedenken Sie: Alles, was die deutsche Grenze passiert – egal ob Sache, Idee oder gar Mensch – wird alsbald mit einem eigenen Artikel ausgestattet. Als ein Bekannter das erste Mal in meiner Gegenwart verkündete, "Der PJ, der ist Amerikaner“, war ich fasziniert. Nie zuvor hatte man vor meinen Namen einen Artikel gesetzt. Du Lieber, dachte ich, du bist wirklich nicht mehr in San Franzisko.

Kein Ausländer schafft es aber, mit dem Kuddelmuddel der Artikelzuweisung fertig zu werden. Bis heute mache ich Fehler und werde als Unkundiger geoutet. Erst vor wenigen Tagen, zum Beispiel, habe ich in einer Glosse "DEN Mechanik“ oder so ähnlich geschrieben. Ich war fest davon überzeugt, dass die Mechanik etwas Männliches war. Tja.

Aber es kommt noch schlimmer: So frustrierend es auch ist, für jedes Wort den passenden Artikel zu verinnerlichen, leidet der Migrant unter einer noch heimtückischeren Eigenschaft der deutschen Sprache: Manchmal kann ein und dasselbe Wort mit verschiedenen Artikeln versehen werden.

Damit sind wir wieder beim "Deal“ gelangt. Denn beinahe wäre auch er zu einem solchen Zwitter geworden. Keine Ahnung, wieso man sich auf die männliche Form geeinigt hat. Aber noch irritierender ist es, wenn ein Wort nicht nur mehrgeschlechtlich ausgestattet wird, sondern wenn es zugleich Unterschiedliches bedeutet, je nach der Artikelvorgabe. Zum Beispiel "Teil“. Es gibt ein "der“ und ein "das“ Teil. "DER Teil“ ist – so "Duden“ – "etwas, was mit anderem zusammen ein Ganzes ist.“ Soweit so gut. Es gibt "Landesteile“, "Korperteile“ und und. "DAS Teil“ hingegen ist, nach dem "Duden“ "etwas, was jemand von einem Ganzen hat“. Alles klar? Mir nicht so ganz.

Nebenbei: "Teil“ und "Deal“ sind aus sprachgeschichtlicher Sicht nahe Verwandte. Der "Dealer“ (heute – zumindest im Deutschen – einer, der mit Drogen handelt) ist im Englischen einer, der "ver-„ bzw. "ausTEILt“. Von der Bedeutung "austeilen“ ist es nur ein kleiner Schritt zum "Geschäfte machen“. Im Englischen gibt es viele "car dealer“, d.h., Leute, die Autos unter das Volk bringen. Wenn man Spielkarten "gibt“, "dealt“ man sie auf Englisch.

Oder "Virus“. Wenn zwei Mediziner miteinander über diese Erreger diskutieren, dann handelt es sich um ein "das“ Virus. Wenn ich auf meine "Viren“ zu sprechen komme, werden sie – zack bums! – zu Kerlen! Warum? Und wenn ich mit einem Arzt befreundet bin, und wir einfach so miteinander plaudern, muss er diese Krankmacher als "DAS Virus“ darstellen, während von mir "DER Virus“ erwartet wird? Sie verstehen das Problem…hoffentlich.

Das Beste aber fürs Letzte: Mein Vorschlag für das verkorksteste Wort der deutschen Sprache ist "Band“. "DAS Band“, "DER Band“ und auch "DIE Band“ sind alle möglich. Es ist wie eine Pralinenschachtel, und der arme Deutschsprechende hat die Qual der Wahl.

Natürlich darf ich auch "der“ und "das“ Blog nicht unerwähnt lassen. Ich habe mich zwar längst für "der Blog“ entschieden, bin dennoch froh, dass ich meine Kolumne eine "Glosse“ nenne.

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