"Warum schreibst du mal nicht über 'Wayne’“ [sprich "uen“], fragte mich mein jüngster Sohn vor einigen Tagen.
"'Wayne'? Was soll das bedeuten?“ Meine Antwort.
"Man sagt 'Wayne interessiert’s’ und meint damit 'Wen interessiert’s’. Oder manche sagen einfach: 'Wayne’, was das gleiche bedeutet.“
"Und wie kommt man auf dieses Wort 'Wayne’? Es klingt irgendwie sehr nach Englisch“ Meine Frage.
"Schau doch unter www.wayne-interessierts.de. Dann wirst du’s für immer verstehen.
Dies habe ich sogleich gemacht und habe tatsächlich alles sofort kapiert: Man findet auf dieser Webseite als einzige Beigabe ein Photo vom Westernheld John Wayne vor – und als Unterschrift den Spruch "Wayne interessiert es“. Aha, dachte ich. John Wayne bedeutet als Filmheld – zumindest für die neue Generation – wohl gar nichts mehr. Man hat ihn aus Jux und Tollerei zu einer Flüchtigkeit der Jugendsprache verwandelt.
In meiner Jugend wäre eine solche Zweckentfremdung freilich nicht möglich gewesen. Wie soll ich’s Ihnen klarmachen, liebe Leser, liebe Leserinnen: John Wayne war für uns eine Ikone, ein innigstes Vorbild für unsere Träume des heldenhaften Daseins. "Wayne“ bedeutete für uns "Zähigkeit“, "Ehrlichkeit“ und "Treue“. Mein Bruder war damals ganz vernarrt in John Wayne als Machoheld zahlloser Westernfilme. Bis heute ist er ein großer Fan geblieben. Auch ich werde John Wayne nie vergessen, als er Davy Crockett spielte und tapfer gegen die mexikanischen Belagerer der Alamo kämpfte und den Tod unbeirrt in die Augen schaute.
Tja, Wayne interessiert’s? Für mich ist es noch immer, ehrlich gesagt, sehr ungewohnt, John Wayne als Sinnbild der Gleichgültigkeit zu betrachten. "Viva la Wayne!“, heißt es in der Jugendsprache. Oder man beschreibt Belangloses als "das Aller-wayne-igste“ oder als "wayne-äriös“ (bzw. "wayne-arious").
Ob John Wayne jemals wieder für eine neue Generation von Vorbildsuchendern seine alte Rolle des burschikosen Helden einnehmen wird? Oder werden seine Filme immer mehr zu vergilbtem Kinomüll werden wie die Acetat-Streifen der Generation von Cowboyhelden vor ihm, etwa "William S. Hart", "Hoot Gibson“ oder "Tom Mix“. Ja, liebe Leser, liebe Leserinnen, Sie kennen diese Namen sicherlich nicht. Kein Wunder. Beide spielten hauptsächlich nur in den Stummfilmen, sie gehören eine schwarzweiße Vergangenheit an.
Dennoch kann ich mir noch nicht vorstellen, dass "Wayne interessiert’s“ zum bleibenden Bestandteil des deutschen Wortschatzes werden kann. Es fordert immerhin eine Portion Glück, um als Eigenname die sprachliche Unsterblichkeit zu erlangen. Nicht jeder kann ein Herr "Lynch“ und Herr "Boykott“ werden.
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