You are here

Schauspieler*Innen oder actors?

Welches ist das hässlichste Wort der deutschen Sprache?

Falls Sie sich überfragt fühlen, bin ich gern bereit, meinen preisverdächtigen Vorschlag zu machen: „Studierendenschaft“.

Oder ich stelle die Frage anders. Welches Wort finden Sie schöner: das altmodische „Studentenschaft“ (igittigitt! Baba!) oder das nagelneue „Studierendenschaft“ (endlich Gleichberechtigung!)?

Gern würde ich jetzt auf dieser Seite einen Stimmzettel zur Verfügung stellen, damit Sie ohne Umstände entscheiden und abstimmen könnten! Leider weiß ich nicht, wie das technisch geht. Würde ich einen Twitterauftritt haben, wäre dies vielleicht einfacher. Sie könnten sogleich zurücktweeten und Ihre Meinung kundtun.

„Ja, aber, Herr Sprachbloggeur“, sagen Sie vielleicht. „Wie würden Sie die geschlechtliche Gleichheit auf sprachlicher Ebene handhaben? Oder denken Sie, dass „Student*Innenschaft“ schön klingt?“

Natürlich müsste ich meinem imaginären Sprachpartner recht geben. „Student*Innenschaft“ ist – zumindest nach meiner Auffassung – nicht schöner als „Studierendenschaft“.

Worum geht es hier? Man will mittels der Sprache zum Ausdruck bringen, dass Männlein und Weiblein gleichwertig sind. „Student“, Mehrzahl „Studenten“ ist in der deutschen Sprache de facto ein männliches Wort. Das scheint momentan manchen zu irritieren.

Das mit dem Gender ist freilich kein deutsches Sprachproblem. In vielen – zumindest – europäischen Sprachen, ist in jüngster Zeit eine gewisse Empfindlichkeit diesbezüglich entstanden.

Neulich habe ich eine Rede von E. Macron gehört. Der hat sich am Anfang seiner Darstellulng an „chacun“ und „chacune“ („jeden“ und „jede“) seiner Zuhörer (dt. „Zuhörender“) gewandt. Früher hätte er aus sprachökonomischen Gründen lediglich „chacun“ angesprochen.

Doch nun eine andere Frage: Wie sagt man auf Englisch „Schauspieler“? Das weiß jeder: „actor“!

Und wieder eine Frage: Wie sagt man auf Englisch „Schauspielerin“? Das weiß (fast) jeder ebenfalls: „actress“. Leider ist die Antwort falsch.

Haben Sie gewusst, dass das englische Wort „actress“ immer mehr im sprachlichen Giftschrank verschwindet? Ja. So ist es. Denn man – genauer gesagt „frau“ – hält die weibliche Form des Wortes für ausgesprochen diskriminierend. Auch Frauen möchten als „actors“ gelten! Warum nur die Männer? So heißt es.

Dieser Protest gegen eine eigene als diskriminierend empfundene weibliche Form des Hauptwortes begann in den 1970er und 1980er Jahren als Auswuchs der Frauenbewegung. Inzwischen gilt „actress“ in der anglosächsischen Welt als no no!

Bedenken Sie: Das wäre, als würden deutsche Frauen Wortformen wie „Studentin“, „Schauspielerin“ und noch einige zehntausende mehr mit der Endung „-in“ als diskriminierend erachten!

Verkehrte Welt, oder?

Ist es also diskriminierend in einer Sprache zwischen Mann und Frau zu differenzieren, oder ist es diskriminierend, zwischen Mann und Frau nicht zu differenzieren? Na? Wagt jemand dies zu beantworten? Es gibt auch Sprachen – zum Beispiel Ungarisch und Türkisch –, die gar kein Pronomen kennen, wie „er“ und „sie“. Ein Pronomen gilt für beide Geschlechter. Ist das gut oder schlecht? Herrscht mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern in der Türkei und in Ungarn? Oder weniger?

Die gute Nachricht: Irgendwann mal wird diese Verwirrung verschwinden. Meine innigste Hoffnung: Dass das Wort „Studierendenschaft“ u.v.a.m. eines Tages als Sprachphänomen in die Geschichtsbücher verschwindet.

Comments

Wir brauchen eine männliche Endung. Dann könnten wir einfach das Schauspieler sagen, wenn beide Geschlechter gemeint sind.

Danke, Esperantistino. Die Lösung ist einfach. Es bleibt nur noch die Frage, ob 80 Millionen Deutsche bereit sind mitzumachen! Auf die Plätze, fertig und...los!

Add new comment

Filtered HTML

  • Web page addresses and e-mail addresses turn into links automatically.
  • Allowed HTML tags: <a> <p> <span> <div> <h1> <h2> <h3> <h4> <h5> <h6> <img> <map> <area> <hr> <br> <br /> <ul> <ol> <li> <dl> <dt> <dd> <table> <tr> <td> <em> <b> <u> <i> <strong> <font> <del> <ins> <sub> <sup> <quote> <blockquote> <pre> <address> <code> <cite> <embed> <object> <param> <strike> <caption>

Plain text

  • No HTML tags allowed.
  • Web page addresses and e-mail addresses turn into links automatically.
  • Lines and paragraphs break automatically.
CAPTCHA
This question is for testing whether you are a human visitor and to prevent automated spam submissions.
Image CAPTCHA
Enter the characters shown in the image.