Wissen Sie, was ein "Schlonz“ ist? Mir war dieses Wort nicht geläufig, bis mein Sohn es neulich in meiner Gegenwart verwendete.
"'Schlonz’? Was soll das bedeuten?“ fragte ich in der üblichen Wissbegier.
"Es ist das gleiche wie 'Sauce’.“
"Was für Sauce? Meinst du, wie eine Sauce Hollandaise?“
"Du verstehst gar nichts. Hast du noch immer nicht kapiert, dass meine und deine Sprache nichts Gemeinsames haben? Wenn ich ‚Sauce’ sage, meine ich damit was Ekelhaftes, wie 'voll die Sauce’ oder 'voll der Schlonz’. Ich kannte mal einen in Schwabing, der einen Schlonzeimer hatte. Der war voll mit irgendeiner ekelhaften Sauce, und es schwärmten obendrein lauter Obstfliegen rundherum.
"Ich verstehe noch immer nicht.“
"Ich kann es dir nicht genauer erklären.“
Der "Duden“ kennt den "Schlonz“ ebenfalls nicht. "Küpper“ ("Wörterbuch der deutschen Umganzssprache“) ist völlig schlonzlos.
Auch das Internet brachte mich lange nicht weiter, bis ich auf die "Mundmische“ ein kollektives Wörterbuch des Jugendslangs, gestoßen bin. Unter Stichwort "Schlonz“ fand ich zu meiner Freude zwei Definitionen. Nach der ersten war der "Schlonz“ gleichbedeutend mit "Fotzenheinrich“. Bitte fragen Sie mich nicht, was ein "Fotzenheinrich“ ist. Ich weiß es nicht. Die zweite Definition war zum Glück nützlicher. "Schlonz“, so hieß es, sei "alles, was unter den Begriff 'Kram’ fällt.“
Ende der Geschichte? Nein, vielmehr der Anfang. Denn nun entdeckte ich bei "Mundmische“ das entsprechende Zeitwort, "schlonzen“. Ein gewisser „NightGrimp“ hat es folgendermaßen definiert. Ich zitiere: "Das Wort Schlonzen steht für alles, wofür es mehrere Worte [sic] gibt, bzw. es kein Wort gibt. Vorbild kann hier das Wort Schlumpfen, von den Schlümpfen sein. Einer, der das Wort ständig in seinem Wortschatz hat, ist ein Schlonzi – erfunden wurde das Wort von Müller und Holz.“
Keiner Ahnung, wer "Müller und Holz“ sind, und wir lassen den "Schlumpfen“ für heute beiseite. "NightGrimp“ hilft jedenfalls mit ein paar Beispielen aus der Praxis: "He Schlonzi, alles schlonz bei dir?“ Oder: "Wo habe ich denn den Schlonz wieder hingelegt.“ Oder "Das sieht richtig verschlonzt aus.“ Und last not least: "Schonz doch einfach mal rüber heut.“
Alles schlonz? Nein, noch nicht. Aber jetzt war ich der Sache – ganz zufällig – endlich näher gekommen. In der Online-Ausgabe des 9bändigen „Rheinischen Wörterbuchs“ fand ich nämlich unter Stichwort "faul“ die rheinischen Vokabeln "schlenzen“ und "schlonzen“ in der Bedeutung von "müßig gehen“.
Erst recht wurde ich neugierig und schlug unter Stichwort "schlenzen“ nach – ein Wort, das übrigens mit "schlendern“ verwandt ist. Es stellt sich heraus, dass eine Alternative zu "schlenzen“ "schlunzen“ heißt. Aha! dachte ich. "Schlunzen“ und "schlonzen“ – sie liegen nicht so weit auseinander…und jetzt der Rest der Geschichte:
Eine "Schlunze“ im Saargebiet ist, was sonst?: eine "dünne Suppe“ und ebenfalls der dünne Kot im Stall. So weit sind wir von der anfangs erwähnten "Sauce“ also nimmer mehr entfernt. Darüber hinaus bedeutet "Schlunze“ die Haut auf der gekochten Milch.
Hinzu: Der "Schlunz“ (vom niederländischen "slons“) bezeichnet einen "alten, schlechten, schmutzigen Lappen“, etwas also womit man durch den Staub "schlenzt“. Die nahe verwandte "Schlunze“ hat die unfreundliche Nebenbedeutung von "unordentlicher Frau“ bzw. "Schlampe“ angenommen.
Fazit: Der "Schlonz“ ist keine Erfindung der Jugendsprache, vielmehr eine alte Sprachtradition, blindlings weiter gereicht. Leider werde ich nie erfahren, wer es war, der mit dem oben erwähnten "Schlonzeimer“ aus dem Rheinland nach Schwabing hergeschlenzt ist.
Comments
Schlonzen
Weit weit weg...
Schlonz
Eichmann Schlonz?
Nach 13 Jahren immer noch interessant
Für die Blumen
schlonzig
Ursache und Wirkung
Umgangssprache Münsterland
Welch Überraschung!
Klötenschlonz
Schlonz in Buch und Spiel
Schlonz
Schlonzen
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