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Der "Piesepampel" ist im Kommen

Ein Wort erlangt eine neue Prominenz, und wir sind die Augenzeugen des Prozesses! So etwas erlebt man nicht jeden Tag.

Alles begann mit Barack Obama, dem Kandidat für die US-Präsidentschaft. Als er neulich kundtat, dass er gerne am Brandenburger Tor eine Rede halten möchte, setzte er eine hitzige Debatte unter deutschen Politikern in Gang.

Ohne Zweifel: Kandidat Obama ist ein Meister der großen Auftritte, und kein Ort in Germany ist für Amerikaner symbolträchtiger als das Brandenburger Tor, wo John F. Kennedy 1963 erklärte, "Ich bin ein Berliner“, und Ronald Reagan 1987 ausrief: "Mr. Gorbatschew, reißen Sie diese Mauer nieder!“. Richtige Dramatik.

Kein Wunder, dass Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit, der seine Stadt gerne ins Rampenlicht positioniert, von einer Obama-Rede am Brandenburger Tor begeistert war. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier ließ sich von diesem Enthusiamus anstecken. Die Amerikaner hätten soviel zur Rettung der Bundeshauptstadt beigetragen, meinte er, man dürfe ihnen die Möglichkeit einräumen, an historischen Schauplätzen aufzutreten. Ganz entgegengesetzt war aber die Meinung von Bundeskanzlerin Merkel. Sie räumte ein "gewisses Befremden“ ein, was wiederum FDP-Chef Guido Westerwelle auf die Palme brachte. "Das ist lächerlich. Da hat Herr Fischer gesprochen und Herr Schröder, da darf jeder Piesepampel eine Rede halten.“

Und jetzt sind wir beim eigentlichen Thema gelangt. Was ist ein "Piesepampel“? Denn hier muss ich mein Unwissen eingestehen. Ich bin diesem Wort bisher nie begegnet und stehe offenbar nicht allein da. Meine Google-Suche ergab eine mäßige Zahl von Treffern, gestern waren es 3190, heute mickrige 2560.

Fest steht: Dieses Wort stammt wie Westerwelle selbst aus dem Rheinland. Als Bedeutung entdeckte ich bei manchen informativen Webseiten (unter ihnen "Wikipedia“) zwei Hauptkategorien: Einige hielten den "Piespampel“ für einen "Einfaltspinsel“, einige für einen “unangenehmen Zeitgenossen“. Meinem Gefühl nach, meinte es Herr W. etwas anders, und zwar als Synonym für "Heini“, d.h. für "irgendwer“. Im Englischen hätte man an dieser Stelle "every Tom, Dick and Harry“ gesagt.

Das große, sechsbändige "Duden“ (Jahrgang 1980) definiert "Piesepampel“ hingegen ganz anders als die oben erwähnten Webseiten es tut, und zwar als "Mensch, mit dem man machen kann, was man will; jemand der weichlich und nachgiebig ist“ und leitet es von "piese“ als Entstellung von "mies“ und "Pampel“ bzw. "Bampel“ im Sinn von "Trottel“ ab.

Heinz Küpper ("Wörterbuch der deutschen Umgangsprache“) ist über die Herkunft des Wortes allerdings anderer Meinung. Er hält "Pampel“ für einen Abkömmling des Verbs "bammeln“. "Piese“ versteht er als Kürzel für "Piesel“, also "Penis“. So gesehen, wäre der "Piesepampel“ ein enger Verwandte des "Schlappschwanzes“, was nicht ganz so sehr von der "Duden“-Definition abweicht.

Doch sicherlich wollte Herr Westerwelle weder J. Fischer noch G. Schröder unter die "Weicheier“ oder „Schlappschwänze“ einreihen. Umso mehr bin ich überzeugt, dass er das Wort im Sinn von "Tom, Dick und Harry“ benutzte.

Es geht mir übrigens nicht darum, was "Piesepampel“ genau bedeutet. Mich interessiert, dass diese bisher lokalerscheinende Vokabel eine plötzliche bundesweite Prominenz erlangt hat. Ich bin nämlich nicht der einzige, der das Thema "Piesepampel“ aufgegriffen hat. Die "Süddeutsche Zeitung“, die "FAZ“ und auch andere haben es ebenfalls für sich entdeckt.

Meine Frage: Wird der "Piesepampel“ sein neues Terrain langfristig halten können? Und: Wenn ja, was wird das Wort endgültig bedeuten? Erhöhte Aufmerksamkeit ist jetzt gefragt.

Comments

hallo, ich bin erst vor wenigen tagen dem wort piesepampel zum ersten mal begegnet, und zwar von einer ganz anderen ecke: ich bin letzten sommer um deutschland geradelt, immer an der grenze entlang, das land täglich mehrmals wexelnd, und hab jetz ein buch über die reise fertig geschrieben (die angst des radfahrers vor dem holzweg). das buch is grösztenteils in den dialekten geschriben, die in den gegenden gesprochen werden, wo ich mich grade befinde. in norddeutshland war das dann plattdeutsh, nur, es gibt ja nich wirklich eine plattdeutshe sprache, sondern eine grosze sammlung von dialekten, die einiges gemeinsam haben. da es sehr schwirig is, für jede gegend den lokalen dialekt und die entsprechenden grammatiken und wörterbücher zu finden, hab ich beschlossen, ein metaplatt zu kreiren, bei dem die wörter ausgewählt werden, die am häufigsten erscheinen. so hab ich onlein-wörterbücher von den verschidenen gegenden gefunden und suche dort nach den häufigsten formen. ich musste das wort für 'unangeneem' im metaplatt ermitteln, und in einem wörterbuch für münsteraner platt is mir aufgefallen, dass es eine menge wörter für "unangeneme person" gibt: draaken, drieter, dunderkiel, grääsekodde, kackedäöt, kacker, klaoskäärl, klootsack, klünte, knappblaose, knappdööse, knewwel, krööte, krücke, kullemann, kullis, küllis, leckert, miegelappen, mieter, mietsack, patrett, piesepampel, prüümer, rottkäärl, rottkopp, saikert, schlachtebaas, schläier-uule, schmeerlappen, schreckschruuwe, schruuwe, schwienepuckel, ssiepel-ssegge, stenz, stinkert, trabant. das netteste fand ich pisepampel, habs meiner shazza erzält und sie sagte, sie kennt das wort. äh? als münchnerin kennt sie ein plattdeutshes wort? also hab ich nach dem wort gegoogelt und festgestellt dass es das wort auch im hochdeutshen gibt. ob das wort wirklich ursprünglich aus dem reinländishen kommt? könnte auch aus dem westfälishen kommen... mein wahrig von 1984 sagt: "kleinlich, engstirniger, auch ungeselliger mensch". in einem platt-wörterbuch (überregional) heisst es "mislauniger zeitgenosse", im wörterbuch für münsteraner platt heisst es "unangeneme, eingebildete person" - kann offensichtlich für alles verwendet werden, vorausgesetzt, es is negativ... falls es dich interessirt: hir die metaplatt-regels: http://www.zedorock.net/metaplattregels.pdf. ba ba ze

Lieber Zé do Rock, vielen Dank für den langen, langen, langen Kommentar. Dass Sie auf einen Beitrag , den ich vor 11 Jahren geschreiben habe, gestoßen sind, ehrt mich. Vorsichtig wie ich bin, rechnete ich, wie so oft, mit einem Spamkommentar - erst recht, weil Sie im Kommentar einen Link hinterlassen (meistens ein verdächtiges Zeichen). Doch die Ausnahme bestätigt die Regel. Wir feiern den Rückkehr des Piesepampels. Schöne Grüße P.J. Blumenthal

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