Meiner Meinung nach klingt "FOXP2“ wie der Name einer Fernsehanstalt oder vielleicht einer Discothek. Damit habe ich meine Ignoranz in Bezug auf folgendes Thema gleich an den Tag gelegt. Denn "FOXP2“ ist in Wirklichkeit die Bezeichnung für das Gen (auf Chromosom 7 zu finden), das uns die Gabe der Sprache geschenkt hat.
Dies wird jedenfalls von Genetikern behauptet. Soviel habe ich jetzt herausbekommen: Anfang der 90er Jahre machte der Londoner Neurologe Faraneh Vargha-Khadem die Bekanntschaft einer Familie (in der Literatur wird sie als "KE“ gekennzeichnet) aus Ostlondon. Mehrere Mitglieder der "KEs“ wiesen eigentümliche Sprachfähigkeiten auf. Zitat "Tagesspiegel“ (30.03.07): "Sie sprachen undeutlich und mit Mühe, ihre Sätze waren voller Grammatikfehler, und wenn andere redeten, verstanden sie nur die Hälfte.“ Trotzdem, so habe ich ebenfalls herausgefunden, galt ihre Intelligenz sonst als ganz normal.
Erwähnte Symptome stellte man bei drei Generationen dieser Familie fest, wenn auch nicht alle Familienmitglieder betroffen waren. Nun gingen die Genetiker an die Arbeit. Sie verglichen die Gene der "Normalen“ mit denen der Sprachbehinderten. Bald folgte die große Entdeckung: Die Sprachbehinderten hatten allesamt einen Defekt im "FOXP2“-Gen. Das ist übrigens ein Kürzel für "Forkhead-Box P2“ – zu Deutsch "Gabelkopfkasten P2“. Fragen Sie bitte nicht, was das bedeutet. Nebenbei: Im "Genom“ gibt es wohl eine ganze Reihe von "Forkhead-Box“-Genen.
Besagtes "Fuchspezwo“ scheint jedenfalls verschiedene sprachliche Aufgaben zu erfüllen. Es steuert, zum Beispiel, die körperliche Feinmotorik, die nötig fürs Sprechen ist – also Zungenbewegungen, Lippenstellungen und dergleichen. Darüberhinaus aktiviert es das Broca-Zentrum im Hirn, wo viele Sprachvorgänge zustandekommen.
Das "FOXP2“-Gen ist allerdings nicht nur uns Menschen eigen. Laut meiner Quellen ist dieses "Forkhead-Box-Gen“ in vielen Lebensformen präsent und wird obendrein als "Transkriptionsfaktor“ bezeichnet. Bitte fragen Sie nicht, was genau damit gemeint ist. Nur soviel kann ich dazu sagen. Ein "Transkriptionsfaktor“ ist ein chemischer Prozess im Körper, der die Aufgabe hat, Information weiterzuleiten. Pilze, Obstfliegen, Vögel, Mäuse und Schimpansen sind allesamt mit diesem Gen ausgestattet. Nur: Unser "Fuchspezwo“ ist anscheinend mit dem der andern Lebensformen nicht identisch. Das in Mäusen und Schimpansen stimmt mit dem unseren beispielsweise lediglich zu 93% überein. Wohl der Grund dafür, das weder Schimpansen noch Pilze reden.
Unser "FOXP2“ ist offenbar als Resultat einer Mutation entstanden, so wird jedenfalls behauptet. Übrigens: Die Genetiker vermuten, dass bei Vögeln das Gen eine ähnliche Funktion hat wie bei Menschen, also für den Vogelgesang federführend ist. Ein Defekt in diesem Gen bei Zebrafinken, so hat man beobachtet, kann die Qualität des Vogelgesangs empfindlich beeinträchtigen.
Nun wissen Sie soviel über dieses Thema wie ich. Ich weiß nicht, was Sie davon halten, ich hätte jedenfalls noch ein paar Fragen: Hat die Naturwissenschaft mit diesem großen Wurf das Geheimnis der Sprache endlich gelüftet? Reden wir miteinander nur dank eines winzigen Proteins namens "Fuchspezwo“?
Erfreulicherweise beantworten die meisten Genetiker obige Fragen mit Nein. Das Sprechen nur auf ein einziges Gen zurückzuführen, wäre wie die Schönheit eines Sonnenuntergangs ausschließlich als Ergebnis der Lichtbrechung erklären zu wollen.
Klar, dass wir ohne Hilfe von gewissen mechanischen und chemischen Prozessen nicht sprechen könnten. Heikel wird diese Sache erst, wenn man versucht, den uns Menschen angeborenen Willen zum Sprechen lediglich durch chemische Prozesse zu deuten. Aber jetzt merke ich, dass ich zusehends ins Metaphysische übergehe.
Wissen Sie, das Ganze ist ein bisschen wie das Telefon. Man muss nicht verstehen, wie das Ding funktioniert, um trotzdem gerne zu telefonieren.
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