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Wie ich, Bonobi, zum Menschen wurde

Wo soll ich anfangen? Als ich klein war, nannten mich alle Bonobi. Und wenn ich’s hier sagen darf…ich wurde…als Schimpanse geboren. Im Ernst.

Ich war ein waschechter Schimpanse und lebte in einer Schimpansenreserve in Florida in den USA. Wir waren eine lustige Gruppe von Schimpansen, und ich…ich habe einfach das gemacht, was Schimpansen üblicherweise tun: essen, blödeln, und noch wichtiger: meinen Platz lernen in der strengen Schimpansenhierarchie. So sind nun mal Schimpansen. Viel zu reden gab es bei uns nicht – außer vielleicht übers Fressen.

So weit so gut. Aber dann wurde ausgerechnet ich ausgewählt – wie soll ich’s sagen? – um einen Chip ins Hirn eingesetzt zu bekommen.

Sie wissen schon: Die Menschen sind einfach neugierig zu erfahren, was passiert, wenn man dies oder jenes ausprobiert. In meinem Fall hieß der Mensch, der diese Idee hatte, Elon Musk. Vielleicht kennen Sie den Namen.

Ich kann mich freilich nicht mehr an die Operation erinnern, außer dass ich plötzlich in einen tiefen Schlaf verfallen war. Fest steht aber: Als ich wieder zu mir kam, hatte ich plötzlich ein starkes Interesse an Computerspiele – besser gesagt, einen Drang danach. Ich war allerdings, wie ich später erfuhr, nicht der erste Schimpanse, bei dem diese Operation vorgenommen wurde. Elon hatte bereits anderen Schimpansen und Affen solche Chips ins Hirn einpflanzen lassen. Irgendwie hatte es etwas mit seiner Mars-Mission zu tun. Die ersten haben allerdings nur einfache Spiele gelernt. Zu meiner Zeit wurden die Games echt krass.

Eigentlich sollte dies das Ende der Geschichte sein…und wäre es auch wahrscheinlich…wenn es nicht für einen Zufall gewesen war, einen Zufall, mit dem keiner – nicht einmal Elon – gerechnet hat. Ich war nämlich eines Abends mit meinem Lieblingsspiel, Cyberpunk 2077, beschäftigt. Ja, ich weiß, dass es inzwischen ein bisschen aus der Mode gekommen ist. Manchmal mag man die alten Sachen trotzdem. Ich hockte draußen auf einem Baum, meiner Lieblingsdattelpalme in der Reserve. Und plötzlich nahte ein Unwetter. Nichts Ungewöhnliches in Florida. Aber dann ist es auf einmal passiert: Knall! Krach! Ein Blitz traf genau den Baum, auf dem ich saß und Cyberpunk 2077 spielte.
Ab diesem Augenblick kann mich an nichts mehr erinnern. Ich war weg…noch weiter weg, als damals nach der Chip-Implantation.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Krankenhaus in Miami. Ich machte die Augen auf. Es standen lauter Ärzte um mich rum, und ich sagte…“Was ist passiert?“

„Hab ich‘s Dir nicht gesagt?“ sagte ein Arzt zu einem zweiten. „Er redet, und zwar perfekt. Und schau, wie sich sein Aussehen verändert…Hier sind ein paar Fotos von letzter Woche.“ Nun zog er meine Decke zurück, was mir, ehrlich gesagt, irgendwie peinlich war. „…Schau dir den Körper und das Gesicht an. Sie wirken Tag für Tag immer menschenähnlicher. Wer soll so etwas erklären?“

Ich hoffe, Sie schütteln jetzt nicht mit dem Kopf, liebe Leser. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin selber nicht weniger verblüfft als Sie. Wenn ich mir aber eine Theorie erlaube: Ich vermute, dass, wenn ich’s sagen darf, die Kombination von Chip und Blitzschlag etwas…etwas…Evolutionäres in mir bewirkt hat. Denn nun war ich auf einmal ein Mensch – so wie Sie und alle Menschen sind. Und seitdem heiße ich übrigens nicht mehr Bonobi, sondern Robert Logan. Ja, so nennt man mich offiziell. Keine Ahnung, warum. Alle nennen mich aber „Bob“.

All dies eigentlich nur als Hintergrund. Denn ab jetzt fängt das an, was ich für den wichtigsten Teil meiner Geschichte halte.

Wegen der ungewöhnlichen Situation hat mich Elon oft besucht. Er war – was soll ich sagen? – fasziniert, und bald hat er mich eingeladen bei sich und seiner Familie zu wohnen.

Elon hat mehrere Kinder, und sie sind alle ganz super. Wirklich. Doch eine seiner Töchter, Q-T-π-PG-16 und ich haben uns – wie soll ich’s sagen? – ja…ineinander verliebt. Solche Dinge passieren im Leben. Und jetzt möchte ich um ihre Hand halten. Denn ohne sie wäre mein Leben eine Öde.

Seit langem möchte ich Elon darauf ansprechen. Das will auch Q-T-π-PG-16. Bloß, wir wissen beide nicht, wie er reagieren wird. Er ist zwar noch immer ein toller, kreativer Kerl, echt krass. Manchmal aber denke ich, er sieht mich in seinem Herzen immer noch als Schimpansen…obwohl er mich im Herbst nach Harvard schicken will.

Wie dem auch sei: Das Problem ist längst nicht ausgestanden. Ich hatte es jedenfalls nötig, dieses für mich äußerst wichtige Thema wenigstens kurz zu erörtern. Drücken Sie mir den Daumen. Ich werde Sie auf den Laufenden halten…

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