Sorry. Hier wird über Meghan und Harry und ihre komplizierte Beziehung zum vormaligen Arbeitgeber, Windsor GmbH, nicht berichtet. Hier finden Sie auch nix über Montecito, Kalifornien, einen Ort, den ich übrigens sehr gut kenne, wo die gekränkten Royals a.D. in eine 14mio Dollar Bleibe geflüchtet sind, um ihre seelischen Wunden auszuheilen.
Dafür möchte ich ein anderes Szenario aus der Opferszene präsentieren. Es geht hier um eine Vokabel. Denn schließlich bin ich Sprachbloggeur von Berufung. Besagte brisante Vokabel werde ich aber nur mit Anführungszeichen versehen ausschreiben, damit ich bloß niemanden verletze. Es geht um das Wort…“Zigeuner“.
Folgendes ist geschehen…
Letzte Woche, als ich wie beinahe jeder auf dem Globus der baldigen Ausstrahlung des Interviews mit Familie Sussex entgegenfieberte, erhielt ich eine Mail von einem lieben Freund, den ich hier lediglich als „A“ kennzeichnen möchte. Wenn man über Empfindliches berichtet, anonymisiert man am besten. Sonst droht Unbill. Denn wir leben in gefährlichen Zeiten. Sagt man Falsches, muss man mit einem Schittstorm oder mit noch Schlimmerem rechnen.
„A“ schickte mir eine Mail, die er von…“B“ erhalten hatte. „B“ sollte einen Text aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen, und „A“ bat mich um meine Meinung über die dt. Übersetzung. An dieser Stelle möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich mich ob dieses Auftrags sehr geehrt gefühlt habe. Denn normalerweise läuft es andersrum: Man bittet mich um eine Übersetzungshilfe vom Deutsch ins Englische! Kann es sein, dass ich …nach so vielen Jahren…in die dt. Sprache…endlich „arriviert“ bin?
Wie dem auch sei. Es ging um die Kindheitserinnerung eines Menschen, der in seiner nichtenglischen Heimat die vorbeiziehenden „Gypsy wagons“ bewunderte. Die Frage an mich lautete: „Wie kann man „Gypsy wagon“ am besten ins Deutsch übersetzen, ohne das die dt. Übersetzung Gefühle verletze.
Ich habe mir prompt und gewissenhaft Gedanken darüber gemacht. Denn ich weiß, dass das deutsche Wort…nennen wir es das „Z“-Wort als nicht mehr salonfähig, bzw., einsetzbar, gilt. An seiner Stelle gebraucht man Termini wie „Roma“ oder „Sinti“.
Die Aufgabe war gar nicht einfach. Denn wie soll ich wissen, ob in besagten „Gypsy wagons“ Sinti oder Roma saßen. Da gibt es nämlich einen Unterschied nicht unwesentlicher als den zwischen Schwaben und Bayern. Schreibt man die falsche Bezeichnung, so könnte einem eine Geschichtsklitterung angelastet werden.
Was macht man also? Eigentlich gibt es nur zwei Alternative: Entweder wendet man sich an den Zentralrat der Sinti und Roma um einen Rat, oder man fragt den Vorsitzenden Google! Da ich nicht allzu viel Zeit mit dieser Angelegenheit verbringen wollte, entschied ich mich für zweitere.
Und zack! wurde ich fündig! Denn gleich bin ich auf den Begriff „die Fahrenden“ gestoßen. Klingt nett, habe ich gedacht und obendrein mit dem Duft des Abenteuers umwoben. Was will man mehr? Keine Diskriminierung, kein Wort mit zweideutigem Stammbaum. Mein Vorschlag war also: Man soll die „Gypsy wagons“ zu „Waggons der Fahrenden“ machen.
Wenn ich ganz ehrlich bin, klingt meine rasch zusammengeschusterte Lösung etwas holprig in meinen Ohren. Doch besser als nichts, habe ich gedacht. Und man umschifft das politisch Unkorrekte mit Eleganz.
Die erste Reaktion von „B“ war wohlwollend. Doch bald las ich in den Mails zwischen „A“ und „B“ (ich war auf „cc“), dass sie den Begriff als „humorvoll“ betrachteten. Da war ich auf einmal verblüfft. Wo war denn der Humor, fragte ich mich und ahnte – schon wieder – eine Lücke in meinem Feingefühl für die dt. Sprache.
Die Frage stellte ich allerdings nicht. Schließlich bin ich nicht so überempfindlich wie Harry und Meghan oder wie diejenigen, die das „Z“-Wort für verletzend halten.
Wie die Sache zwischen „A“ und „B“ ausgeht, weiß ich nicht. Ich habe keine Mails mehr erhalten. Noch dazu hielt sich meine Neugier in Grenzen.
By the way: Ich verstehe nicht, warum das „Z“-Wort so kränkend sein soll. Früher bin ich davon ausgegangen, dass es von „Zieh-Gauner“ abgeleitet wäre, was wirklich als verletzend gelten sollte. Diese Mutmaßung stimmt aber nicht. Nebenbei: „Gauner“ stammt von „Ioner“ ab. D.h., liebe Hellenen, Sie sollten auf die Palme gehen, damit auch dieses Wort, dieses „G“-Wort, schleunigst aus dem Verkehr gezogen wird! Aber in Wirklichkeit hat das „Z“-Wort nix mit dem „G“-Wort gemeinsam. Das „Z“-Wort ist höchstwahrscheinlich die Verballhornung eines alten Stammesnamens dieses Volkes, das einst aus dem fernen Indien über Persien und die Türkei nach Europa einwanderten. D.h.: das „Z“-Wort wäre quasi den Bezeichnungen „Sinti“ und „Roma“ ähnlich.
Die Sache wird immer komplizierter. Ich will hier aber keine Doktorarbeit schreiben.
Doch jetzt kehre ich zur Frage im Titel dieser Glosse zurück: Wie soll man den „Zigeunerschnitzel“ auf Deutsch umbenennen, um ihm eine Harmlosigkeit zu verleihen? Wenn Sie „Sintischnitzel“ antworten, dann lassen sie die Roma außen vor. Vielleicht „Manoucheschnitzel“. „Manouche“ gilt noch immer als politisch korrekt. Auch „Gypsy Jazz“ ist noch ein erlaubter Begriff. Doch wie lange noch? Aber jetzt reicht es mir.
Vielleicht weiß die Familie Sussex etwas mehr über dieses Thema. Sie scheint Expertise in Sache Verletzbarkeit zu haben.
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