Möchten Sie berühmt werden? Dann sind Sie bei mir richtig!
Wer es besonders eilig hat, muss selbstverständlich Kühnes wagen – zum Beispiel wie die „Clan“-RäuberInnen aus Neukölln, die nationale Schätze aus der Grünen Gewölbe in Dresden plünderten. Machen Sie so etwas, und im Nu werden alle Menschen Ihren Namen in den Medien finden – auch mit Porträtbild!
Auch ein Attentat zu verüben, wäre keine schlechte Wahl. Aber Vorsicht. Momentan geistern so viele AttentäterInnen umher, dass man manchmal Schwierigkeiten hat, sich die vielen Namen zu merken. Zudem: Manche überleben ihren Amoklauf nicht. Das muss dennoch kein Hindernis sein. Wer an ein Leben im jenseitigen Paradies glaubt, stellt sich vor, sie habe sich im Himmelreich mit dem Mord an unschuldige Menschen einen hübschen Sitzplatz in der ersten Reihe erworben. Dazu genießt sie die Gunst von 72 knackigen, himmlischen Jungs.
By the way: Kennen Sie den Namen Herostratus? Er lebte im 4. vorchristlichen Jh. in Ephesus, wo er eines Tages den Artemistempel in Brand steckte, damit er berühmt werden könnte. Im Ernst. Seinen Namen zu erwähnen oder zu schreiben, wurde deshalb in Altgriechenland als Straftat geahndet. Herostratus durfte allerdings zuletzt lachen. Bis heute kennt man den Namen dieser BrandstifterIn.
Womöglich aber sind Sie nicht kriminell veranlagt und würden Ihr Renommée lieber auf eine weniger radikale Weise ergattern. In diesem Fall habe ich für Sie eine gute und eine schlechte Nachricht.
Zuerst die gute Nachricht: Im Informationszeitalter kann jeder den eigenen Namen oder gar das eigene Konterfei in den elektronischen Medien mühelos platzieren. Das wissen Sie aber selbst. Man macht sich ein Konto bei Twitter, Facebook, Instagram, TikTok, YouTube usw. und zack! Jeder könnte Sie theoretisch bewundern! Allerdings: Es wäre hilfreich, wenn Sie auch etwas anzubieten hätten, um als, wie man sagt, „InfluencerIn“ zu gelten. Singen, Tanzen, Rumblödeln, Schwadronieren, Referieren über Produkte (Handys, Digicams, Schminke, Kleider, Frisuren, Rechner usw.) wären einige Möglichkeiten. Und: Wenn Sie genügend FanInnen ansammelten, bekämen Sie womöglich auch Werbeverträge etc., sprich: Kohle!
Kein schlechtes Leben…oder? Nur. Man muss ständig auf Trab sein, ständig fähig, mit Neuem und Unterhaltsamem aufzuwarten. Und gerade das ist die schlechte Nachricht. Denn in einer Welt mit ca. acht Milliarden Bewohnern, muss man sich richtig Mühe geben, um sich da oben im Sahnebereich des Kuchens einen Stammplatz zu sichern. Justin Bieber, Kim Kardashian, Donnie Trump, Elon Musk…das sind Namen mit Bestand. Ob deren Berühmtheit so langlebig sein wird wie die des Herostratus, steht freilich auf einem anderen Blatt.
Immerhin: das WehWehWeh macht alles Mögliche möglich! Vor allem aber ermöglicht es, die altgediegenen Wege, die in die Berühmtheit führten, geschickt zu umsteuern. Damals zu Analogzeiten musste man zuerst an einem „Gatekeeper“, also eine „TorhüterIn“ vorbei. Notabene: Manchmal sagte man über diese Menschen „Vorzimmerdrache“, was komisch ist. Denn meistens waren sie „Rezeptionsdamen“. „Drache“ hingegen (wie „Hase“) ist männlich. Das nur nebenbei als Beispiel einer früheren sprachlichen Gendergleichberechtigungsweise.
Aber vielleicht möchten Sie nicht soooo „berühmt“ werden!? Vielleicht möchten Sie sich lediglich vor ein paar gleichgesinnten (oder Gegner) Ihre Gedanken und Empfindungen zum Ausdruck bringen. Ja, so was gibt es auch! Solche Menschen werden allerdings meistens „Blogger“ oder „Schriftsteller“ oder „Autoren“.
Im Infozeitalter hat diese Menschengattung echte Chancen, das Innenleben, öffentlich zu machen. Früher standen sie auf Obstkasten an einer Straßenecke oder im Park – zum Beispiel Hyde Park in London – und gaben ihr Bestes.
In der Großstadt namens WehWehWeh kann jeder, der willens ist, seine Ecke mit virtuellen Obstkasten einrichten, um Träume, Meinungen, Fantasien, Schweinereien, Nettigkeiten etc. mit Fremden Menschen zu teilen.
Hier nur ein paar Beispiele dieses Menschenschlags:
- Peter Ripotas – Notizen aus dem Schwarzen Loch
- Lennys – Sternvogelreisen
- Michaels – Onkel Michaels kleine Welt
- Rainhard Ammers – Vokalakrobat
- Zé do Rocks – zedorockpunktnet
- Gorgs – Lustwort
Die Liste ist schnell ellenlang. Falls Sie selbst das Bedürfnis haben, eine solche Plattform für eigene Wunschvorstellungen zu etablieren, kann ich hier vielleicht sogar behilflich sein. „Der schöne Titel Lustwort“ ist, wie Sie wissen, schon vergeben. Doch im Augenblick verkauft jemand ein Domain Namens „Wortlust“. Aber vielleicht wäre Ihnen ein ganz anderer Name lieber. Und ehrlich gesagt, finde ich „Lustwort“ viel schöner und witziger als „Wortlust“. Letzteres klingt einfach zu plakativ…
Egal. In der Hoffnung Ihnen gedient zu haben, verbleibe ich
Ihr
Sprachbloggeur
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