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„Deepfakerei“ – eine Anleitung

Ich fange heute mit einer wahren Geschichte an, die sich bereits im Mai an der Ostsee ereignete. Ich darf den genauen Ort nicht verraten.

Er saß im Sand am sonst menschenleeren Strand. Er war eine unauffällige Erscheinung, trug eine beige Hose und ein blaues Hemd und eine Schirmmütze gegen die Sonne. Die Farbe habe ich vergessen. Die Szene hätte eigentlich ein schönes Foto gegeben.

Rechts von dieser Person erspähte ich einen nahenden Jogger. Auch er irgendwie ein Teil der Idylle. Als der Jogger die Lage besagter sitzender Person erreichte, geschah es dann urplötzlich.

Ich vermute, dass der Jogger die Person am Strand gar nicht wahrgenommen hatte, da er nur sein Joggen im Sinn hatte.

Mit einem Mal jedoch mutierte die Person im Sand zu einem riesigen, höhlenartigen Mund. Ja, im Ernst! Der Jogger wusste nicht, wie ihm geschehen war. Im Nu war er weg! Bei lebendigem Leib verschlungen!! Weg! Es war, als ob ein Frosch mit federnder Zunge aus heiterem Himmel eine Fliege geschnappt hätte.

Ich weiß, dass es so war, weil ich den Vorgang aus sicherer Entfernung beobachtet habe. Weg war der Jogger, und die Person im Strand wurde wieder zu einem stillen Bestandteil jener meereslandschaftlichen Idylle, als wäre nichts geschehen.

Ganz sicher war ich nicht weniger schockiert als Sie.

Es ist eine wahre Geschichte. Eine wahre Geschichte, eine wahre…
Ich stelle mir vor, liebe Lesende, dass Sie sich jetzt in Rätselmode umgeschaltet haben.

Oder haben Sie den Schwindel bereits durchschaut?

Denn heute geht es um die „deep fakes“.

Diesen Begriff brauche ich nicht näher zu definieren. Jeder kennt ihn inzwischen. Nur: Man ahnt nicht, wie allgegenwärtig das Phänomen geworden ist. Denn an dieser neuen Technologie wird ständig weitergeschliffen, so dass mittlerweile alles Mögliche „gedeepfaket“ werden kann. Auch Blogs. Auch diesen Blog.

(Notabene: Ich bin womöglich der erste, der in der deutschen Sprache das Partizip „gedeepfaket“ verwendet. Das Wort existiert allerdings bereits im Niederländischen. Mal sehen, ob auch andere dieses Wort fürs Deutsche „erfinden“. Der Zeitgeist ist so ansteckend wie ein Coronavirus).

Natürlich ist dieses Phänomen keine neue Erfindung. Das Auftreten mit falscher Identität hat es immer gegeben. Denken Sie an Spionen. Nebenbei: Dieses sich Verstecken in einer fremden Identität nennt man auf Englisch „impersonation. Schade, dass es auf Deutsch keinen so knappen Begriff gibt.

Aber zurück zur obigen Strandgeschichte. Natürlich war sie eine glatte Fiktion (Geht’s Ihnen jetzt besser?).

Nur: Stellen Sie sich vor, dass nicht ich, sondern ein Sprachbloggeur-Imitator, ein „impersonator“, obige Geschichte als „Deepfake“ geschrieben hätte.

Wäre ja möglich: Ein Fremder kapert einen Blog (kinderleicht für Hacker), um in die Identität eines anderen zu schlüpfen, um dann eigenes (aus Spaß oder aus Bosheit) in die Welt zu verstreuen! Schrecklich, nicht wahr? Bald wird man zwischen wahr und fake nicht mehr unterscheiden können, kann man sich vorstellen.

Aber nun die gute Nachricht:

Ich behaupte, Sie hätten schnell den Braten gerochen.

Warum sage ich das? Weil die Geschichte völlig unlogisch ist! Und so schreibe ich nie! Ich meine: Wie kann eine so unscheinbare Person am Strand einen ganzen Jogger verschlingen, ohne hinterher so auszusehen? Denken Sie an eine Schlange. Wenn sie Großes herunterwürgt, sieht sie aus wie ein hochschwangerer Schlauch!

Hätte ich obige Geschichte verfasst, wäre es mir wichtig gewesen, Passendes über die „après diner“ Form des Monsters zu schildern.

Und damit habe ich Ihnen einen Schlüssel gegeben, um jedes Deepfake zu enttarnen: Denn die Wahrheit unterliegt immer einer festen Logik. Deepfakes nie. Wer sie produziert, knausert immer mit den Fakten wie jeder Falschmünzer (oder Schriftsteller). Denn manches kann man nicht verfälschen.

Auch Deepfakes haben kurze Beine.

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