Seit mindestens zwei Jahren erhalte ich immer wieder von Freunden und Familie aus den USA kurze "Spaßmails“ mit gleichem Inhalt: Man findet einen (englischen) Text vor, bei dem die Buchstabierung fast jedes Wortes völlig verquer liegt. Der Clou: Man kann den Text trotzdem lesen und verstehen.
Ähnliche "Spaßmails“ in deutscher Sprache habe ich noch nie erhalten – vielleicht werden sie hierzulande seltener (zumindest an mich) verschickt. In der "Weltwoche“ (15. Mai) bin ich dann endlich auf ein deutsches Beispiel des Phänomens gestoßen: Es handelte sich um einen Werbetext der "Schweizer Presse“. Ich zitiere:
"Das knan nur ein Irensat. Nur ein Irensat shcafft es, senie Lseer zu feessln. Wruam? Wiel man scih für ein Irensat acuh mal Ziet nemehn knan. Wiel man Irensate stuideren knan, inhen auf den Grnud gheen knan. Ein Irensat ist nchit in Elie, ein Irensat ldät zum Vlerweien ein…usw“
Sicherlich haben Sie alles verstanden. Höchstens sorgten die Wörter "Irensat“ und vielleicht "Vlerweien“ für ein bisschen Konfusion.
Der Witz ist: Der Mensch sei in der Lage – so steht es jedenfalls in den "Spaßmails“, die ich aus den USA erhalte – falsch buchstabierte Wörter zu entwirren, so lange die ersten und die letzten Buchstaben am richtigen Platz stehen. Quelle dieser Weisheit, wie es heißt, ist eine Studie der Universität Cambridge .
Die Theorie kam mir schon immer plausibel vor, denn sie würde erklären, warum die Textkorrektur ein so schwieriges Unterfangen ist. Man liest manchmal nicht das, was "buchstäblich“ auf der Seite steht, sondern das, was man aus Gründen der Gewohnheit erwartet.
Inzwischen weiß ich, dass die "Spaßmails“ aus den USA in der Tat auf einer Studie der Universität Cambridge basiert sind. Denn ich habe gestern ganz zufällig eine informative Webseite (http://www.mrc-cbu.cam.ac.uk/~mattd/Cmabrigde) zu diesem Thema entdeckt. Sie wurde im Jahr 2003 von dem Sprachwissenschaftler Dr. Matt Davis ins Leben gerufen. Hier erfahren Sie (allerdings in englischer Sprache) alles, was Sie zu diesem Thema jemals zu wissen begehrten. Zum Beispiel, dass es manche Sprachen gibt – etwa Finnisch und Hebräisch – , bei denen das Aufmischen von Buchstaben (auch wenn die ersten und die letzten stimmig sind) sich nicht mehr entwirren lässt. Im Finnischen ist dies so, weil die Sprache über sehr viele doppelte Konsonanten und Vokale verfügt. Werden diese auseinandergenommen und mit anderen Buchstaben vermischt, so entsteht ein wahrer Wortsalat. Das Hebräische hingegen wird in einer Konsonantenschrift geschrieben. Die Vokale treten in der Rechtschreibung meistens gar nicht in Erscheinung. Würde man die Konsonanten eines Wortes durcheinanderbringen, hätte man keinen Anhaltspunkt mehr, um den Sinn einer Vokabel wiederherzustellen.
Im Deutschen, so Dr. Davis, funktioniert das Wortsalatspiel jedoch blendend. Er bietet dafür ein Beispiel, das er aus der FAZ (24.09.03) aufgeklaubt hat. Ich zitiere:
"Ncah enier nueen Sutide, die uetnr aerdnem von der Cmabirdge Uinertvisy dührruchgeft wrdoen sien slol, ist es eagl, in wlehcer Rehenifloge Bcuhstbaen in eneim Wrot sethen, Huaptschae, der esrte und ltzete Bcuhstbae snid an der rhcitgien Setlle. Die rsetclhien Bshcuteban kenönn ttoal druchenianedr sien, und man knan es tortzedm onhe Poreblme lseen, wiel das mneschilhce Gherin nhcit jdeen Bcuhstbaen enizlen leist, snodren das Wrot als gnazes...“ usw.
Hätten Sie gedacht, dass ein Thema aus dem trockenen Gebiet der Neurophysiologie so lustig sein könnte? Das Internet macht alles möglich.
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