Heute werde ich Ihnen verraten, wo das Toilettenpapier verschwunden ist. Da ich aber in erster Linie ein Sprachbloggeur bin, zunächst eine kurze Abhandlung über das Wort selbst: „Toilettenpapier“.
Über die Vokabel „Papier“ brauch ich nicht lang zu referieren. Denn jeder weiß, dass „Papier“ mit „Papyrus“ verwandt ist, womit ein Schilfgeflecht, worauf man in der Antike Texte schrieb, gemeint ist. Was Sie vielleicht nicht wissen: Dieses Wort „Papyrus“ stammt aus dem Altägyptischen und bedeutete damals „königliches Schreibzeug“. Im Ernst.
Da die Herstellung dieser Blätter recht zeitintensiv war, kam keine auf die Idee, sie im Klo als Abwischmittel zu verschwenden.
Aber jetzt zurück zum „Toilettenpapier“. Im Grunde handelt es sich bei diesem Begriff um reines Doppelgemoppeltes. Denn eine „toilette“ auf Französisch ist ein „Tüchlein“, genauer gesagt, die Verkleinerung von „toile“, „Tuch“. „Toilettenpapier“ könnte man also mit „königlichem Schreibzeugtüchlein“ übersetzen.
Lassen wir also, das mit dem „königlichen Schreibzeug“ beiseite, um den Blick ausschließlich auf das „Tüchlein“ zu fixieren.
Falls Sie meinen, dass die Franzosen „Tüchlein“, also „toilettes“, verwendeten, um ihre „derrières“ abzuwischen, muss ich Sie enttäuschen. Denn mit „toilette“ meinte man früher ein großes Tuch, das den Zweck hatte, die Ankleidekammer einer vornehmen Dame von ihrer Wohnstube zu trennen: das war quasi ein Vorhang. Hinter diesem Raumtrenner zog sich die edle Dame an, schminkte sich und setzte sich – wenn nötig – auf einen „pôt de chambre“ um ihr Nothdurft zu verrichten. Alltägliche Dinge und Handlungen sprachlich zu verschönern, machten Adlige gern. Das gemeine Volk drückte sich anders aus. Deshalb frisst das Volk, während das Adel speist.
Die Jahre vergingen, die Aufklärung klärte auf, und das Adel verrohte – mit der Folge, dass die Toilette nach und nach ausschließlich zum Begriff für den Ab-ort, den Ab-tritt mutierte. Die Engländer sagten dazu „water closet“ (ein abgeschlossener Ort, wo es Wasser gibt), was denn federführend fürs dt. „Klosett“, bzw. „Klo“ war.
So weit so gut. Es bleibt nur noch hinzuzufügen, dass eine irgendwann mal auf die Idee kam, das Säubern der Derrière mit Papier durchzuführen (Papier, nicht Papyrus). Wer sie war, weiß ich leider nicht. Sicherlich finden Sie alles darüber im WehWehWeh heraus.
Nebenbei. In der prüden Amerika des 20. (vielleicht s bereits im 19.) Jahrhunderts geriet das Wort „toilet“ als Begriff fürs „WC“ in Verruf aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann. Fortan war die Rede vom „bathroom“, also „Badezimmer“. Man fragte: „Excuse me, where is the bathroom?” Die Engländerinnen lachten über diese „vornehme“ Ausdrucksweise und pflegten auf diese Frage sarkastisch zu antworten: “Wieso? Wollten Sie sich baden?“. (Das ist übrigens ein alter Witz aus England, wo man nie aufgehört hat „toilet“ zu sagen).
Manche Amerikanerinnen sagen heute für „bathroom“ ersatzweise „restroom“ (also Ruhezimmer), oder man stellt die Frage: „Where can I wash my hands”? Damen verlangen nach dem “powder room”, als wollten sie nur die Nase pudern.
Es handelt sich, wie Sie sehen, um eine sehr knifflige Sittengeschichte. Aber jetzt kehre ich zur bitteren Wirklichkeit zurück. Wir leben momentan, wie jeder weiß, im Corona-Zeitalter. Das bedeutet, dass manche Leute der irrigen Meinung sind, sie müssen sich mit genügend Toilettenpapier für den Rest ihres Lebens eindecken. Aus diesem Grund wird Klopapier eifrig gehamstert. Noch schlimmer: Das Phänomen ist global!
Haben Sie von der dt. Hamsterin gehört, die das gehamsterte Klopapier im Keller hinter Schloss und Riegel gelagert hat? Eines Nachts schlich eine Diebin (oder mehrere) in den Keller und entwendete den ganzen Vorrat. Wobei natürliche auch die Lattentür und das Schloss des Abteils zu Bruche gingen. Kosten für die Reparatur der Tür: 700 Euro. Wert des Klopapiers: 4 Euro.
So ein Verbrechen kommt zum Glück nur selten vor. Aber der Rest des verschollenen Toilettenpapiers, wo ist er geblieben? Wo sind die abertausenden gehorteten Klopapierrollen verschwunden?
Nur so viel darf ich dazu sagen: In ca. zwölfhundert Jahren werden Archäologinnen an mehreren Stellen in der westlichen Welt auf Unmengen verrotteter Toilettenpapierpackungen stoßen. Sie werden Theorien aufstellen. Die Rede wird von einer einstigen, kurzlebigen Religion sein, die in der dunklen Vergangenheit wie ein Strohfeuer die Welt erfasste, um bald wieder in Vergessenheit zu geraten.
„Toilettisten“ werden sie die Anhängerinnen dieser Sekte nennen und nach immer genaueren Infos darüber forschen. Es werden viele Doktorinarbeite entstehen.
Wir wissen freilich, dass es ganz anders war.
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