Schon wieder ein Besuch vom anonymen Hacker. Über ihn hab ich schon mal geschrieben, auch wenn ich inzwischen die Details vergessen habe.
Zur Erinnerung: Er ist derjenige, der Sie (bzw. mich) vor dem Bildschirm Ihres (meines) Rechners bei der Pornopeepschau vermittels einer Zaubersoftware, wovon auch die Geheimdienste nur träumen, beim Onanieren (bzw. Masturbieren) ertappt hat.
Erster Gedanke: Im Zeitalter der Gleichberechtigung müssen wir unbedingt davon ausgehen, dass es sich um einen anonymen Hacker handelt? Kann es ja sein, dass diese Drohmails in Wirklichkeit von einer anonymen Hackerin stammen?
Im Ernst. Im Zuge der grammatikalischen und syntaktischen Gleichberechtigung möchte ich daher vorschlagen, dass wir uns künftig pauschal über „anonyme Hacker*Innen“ herziehen.
Zweiter Gedanke: Diese/r anonyme Hacker*In scheint ein wahrhaftes Sprachgenie zu sein. Mittlerweile habe ich Mitteilungen von ihm/ihr (so kompliziert dieses „ihm/ihr“ – wie wäre es mit „ihmer“?) in verschiedenen Sprachen erhalten: Russisch, wo sier sich als mein „Koschmar“ vorstellt. (Das Wort habe ich aus dem Kyrillischen transkribiert). Eigentlich handelt es sich um eine französische Vokabel „cauchemar“, die „Albtraum“ bedeutet: „Alb“, weil ein „Alb“ ein elfenartiges Wesen ist, das nachts seinem Opfer auf der Brust legt und schlechte Träume in Gang setzt. Das Wort „Alb“ ist übrigens mit dem englischen „elf“ (und wohl mit der dt. „Elfe“) verwandt. Früher hat man anstatt „Albtraum“ „Alptraum“ geschrieben. Frau Duden fand dies aber wegen der bereits bestehenden Form „Alb“ unlogisch und hat die Schreibart reformiert. Zudem könnte man beim „Alptraum“ irrigerweise an Berge denken. Jetzt wissen auch Sie Bescheid.
Aber zurück zu den Sprachkenntnissen der oben erwähnten anonymen Hackerin: Sie schreibt auch bisweilen auf Englisch. Dann bezeichnet sie sich als Ihr (mein) schlimmster „nightmare“. Nur zur Information: Auf Deutsch kann man anstelle von „Albtraum“ auch „Nachtmahr“ sagen. Klingt edler. Und stellen Sie sich vor: der „Mahr“ im besagten „Nachtmahr“ bezeichnete ursprünglich – wie der „Alb“ in „Albtraum“ – ein dämonenartiges Wesen, das wie der Alb einem Schlafenden (bzw. einer Schlafenden) auf der Brust saß und Druck ausübte. (Achtung #me-too-er*Innen: Bei den Frauen sitzt der Mahr stets nur sittlich auf der Brust).
By the way: Dieser „Mahr“ – auch wenn der Artikel heute männlich anmutet – war ursprünglich ein weibliches dämonisches Wesen. Der Mahr weiblich?? Sprachen sind halt unlogisch.
Beinahe habe ich vergessen, die dritte Sprache deser anonymen Hacker*/in(s) zu erwähnen. Denn manchmal schreibt diese Figur ihrseinere Drohbriefe auf Deutsch.
Wie dem auch sei. Immer geht es um dasselbe. Nämlich: dieen Empfänger*/In zu beschämen. Dier Empfänger*/In wird ermutigt zu glauben, dass dier anonyme Hacker*/In dieen Empfänger*/In während des Pornoanschauens beim Onanieren bzw. Masturbieren vermittels der An-Bord-Webcamera erwischt hat.
Ach, entschuldigen Sie die Unterbrechung, doch hier nun eine Zwischenfrage: Wissen Sie den Unterschied zwischen „Onanieren“ und „Masturbieren“? Wahrscheinlich nicht. Das lateinische „masturbare“ tritt erst im späten ersten nachchristlichen Jahrhundert in einem Gedicht des röm. Lyrikers Martial in Erscheinung. Vielleicht hat es etwas mit „turbare“, also „in Aufruhr versetzen“ zu tun. Und vielleicht ist das „mas“ mit „manu“, also „Hand“ verwandt.
Leider muss ich aber berichten, liebe Leser*Innen, dass sich dieses Wort in der römischen Antike ausschließlich auf eine männliche „Handlung“ (wie in „Hand“ haha) bezog. Später wurde es aber im Namen der Gleichberechtigung auch Frauen zugelassen.
Diese frohe Botschaft der Gleichberechtigung gilt aber fürs „Onanieren“ leider nicht. Denn dieses Wort leitet man vom Namen „Onan“ im Buch Genesis (38, 8-10) ab. Dieser Onan, so steht es im Heiligen Buch, wollte seine verwitwete Schwägerin partout nicht schwängern und ließ seinen Samen stattdessen „auf die Erde fallen“. Tausende gelahrte Traktate wurden über die Jahrhunderte über diese Passage geschrieben, um den Sinn des „auf die Erde fallen“ zu eruieren. Die meisten Wissenschaftler tippen auf einen „coitus interruptus“ (bitte googeln) und nicht auf eine selbstbefriedigende Tätigkeit.
Wie Sie sehen: Die Sache, die wir hier thematisieren, ist äußerst kompliziert, und letztendlich versteht auch die anonyme Hackerin höchstwahrscheinlich nix davon.
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