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Nachhaltiges über die Nachhaltigkeit

Jetzt wird’s allmählich ernst.

Auf dem Heimweg bin ich an mehreren abgefackelten SUVs vorbeigegangen. Bei einem war ein Sticker zu lesen, worauf „DU STINKST“ noch sichtbar war. Aber nur kurz…denn plötzlich ist die ganze Karre in die Luft hochgegangen…und wie! Kah…BUM! Hat mich an die Fliegerbombe erinnert, die sie damals an der Münchener Freiheit sprengten.

Wir Schaulustige standen ca. ein Kilometer von der Aktion entfernt (wir durften nicht näher heran wegen der Gefahr herumfliegender Granatsplitter). Als die Bombe zündete, war sie so laut, ich hätte meinen können, ich wäre daneben gewesen. Ich habe gleich gedacht: Mei, wenn bloß eine einzige Bombe beim Explodieren so laut ist, wie war es damals in der Bombennacht, als sie (d.h. meine Leute, also Amerikaner und Engländer) hunderte solche Ottos über München haben fallen lassen? Das hat sicherlich wie das Ende der Welt geklungen – und war es wohl für manche.

Aber das mit den SUVs. Das eine ist, wie gesagt, plötzlich hochgegangen – samt „DU STINKST“-Sticker. Ich hatte wirklich Angst, von den rumfliegenden Splittern durchsiebt zu werden. Mit recht.

Große Ironie: Nach der Druckwelle hat es nicht nur Autoteile geregnet, sondern auch ein Nummernschild, das mir dann direkt vor den Füßen landete. Das zweite war offenbar bei den jubelnden Brandschatzern runtergepurzelt. Denn auf einmal hörte ich, wie einer brüllte: Scheiße! Es war ein E-SUV!! Verdammte Scheiße!!!“

Ja, in der Tat. Das weiß ich so genau, weil das Nummernschild, das vor meinen Füßen lag, mit einem „e“ (für „elektrik“) versehen war.

Und falls Sie’s nicht wissen, ein explodierender E-Wagen ist noch gefährlicher wegen des Lithiums usw. als ein angefackelter Benziner. Ja, das hab ich früher nicht gewusst, bis mir das ein Physiker erklärt hatte…

Natürlich ist obige Szene eine reine Erfindung meines unartigen (bzw. abartigen) Fantasievermögens. Ich kann leider nix dafür. So bin ich halt.

Eigentlich wollte ich aber über was ganz anders schreiben…und zwar erwartungsgemäß über ein sprachliches Thema. Schließlich bin ich Sprachbloggeur vom Beruf und kein Polemiker.

Ich wollte nämlich von einem nagelneuen Wort erzählen. Nein, nicht „Klimanazi“. Heute hab ich erfahren, dass dieser Begriff, „Klimanazi“, gute Chancen hat, als Unwort des Jahres gekürt zu werden.

Mein sprachlicher Fokus ist aber viel harmloser. Ich war schon immer ein Harmloser. Wahrscheinlich liegt das an den Genen. Heute wollte ich übers Wort „nachhaltig“ bzw. „Nachhaltigkeit“ berichten.

Vor ein paar Tagen (Achtung Fact-Checker: Es war am 20. September 2019) entdeckte ich in der Münchener Abendzeitung folgende Überschrift: „Nachhaltig reisen – geht das?“

Vielleicht kommt Ihnen dieser Satz normal vor. Mir nicht. Zwar kenne ich das dt. Wort „nachhaltig“ und das dt. “reisen“. Aber so zusammengeschrieben? Mein erster Gedanke war: Hmm, vielleicht wird gefragt, ob es möglich ist, ewig zu verreisen. (Ich bin übrigens der Meinung, dass das ganze Leben eine Art Reise ist. Insofern wäre das Leben selbst tatsächlich quasi eine nachhaltige Reise!)

Ich glaube trotzdem nicht, dass der Schreibende der obigen Überschrift das, was ich meinte, meinte. Ich glaube vielmehr, dass die Autor-Person mit dieser Überschrift fragen wollte, ob es möglich ist, auf ökologische Art und Weise zu verreisen, d.h., indem man einen reduzierten CO2-Fussabdruck hinterlässt.

Mit anderen Worten: „Nachhaltig“ bedeutet heute viel mehr als früher. Es ist praktisch gleichbedeutend mit „umweltfreundlich“ oder „klimaschonend“.

Oder noch ein Beispiel im SPON (d.h. Spiegel-Online – und zwar am 22.09, liebe Fact-Checker). Da hieß die Überschrift: “Nachhaltigkeit an Schulen“. Es folgte dann folgender Text: „Viele Kinder wollen Orang-Utans retten, halten aber noch keinen Wurm auf der Hand“. Lustig, gell? Aber wie Sie sehen: In diesem Beispiel bedeutet “Nachhaltigkeit“ mit Sicherheit: „Umweltbewusstsein“ und nicht etwa, dass man lernt mit der Kreide schonender umzugehen.

By the way: Falls Sie auf Englisch nachhaltig werden möchten, so heißt dieser Begriff “sustainable“, oder als Nomen „Sustainability“. Es gibt allerdings noch immer keine „sustainable holidays“ – außer Ihr „Boss“ Sie vor die Tür setzt mit einem freundlichen: „Oh by the way, Bob (oder Mary), you’re fired.“ Was aber nicht ist, kann ja noch kommen.

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