Falls Sie noch gesunde Zähne haben, hier mein Rat: Sorgen Sie dafür, dass sie gesund bleiben. Falls es nicht anders geht, dann bleibt es Ihnen nicht erspart: Sie sind dem Zahnarzt ausgeliefert.
Eine kurze Unterbrechung ist hier von Not: Mir fällt beileibe nicht ein, wie ich um Himmelswillen im Zeitalter der gnadenlosen geschlechtlichen Gleichberechtigung, meinen Satz so umformulieren kann, dass er Zahnärztinnen gegenüber nicht diskriminierend wirkt!
Ich komme auf keine Antwort. Hier jedenfalls funktioniert „Dem Zahnarzt*Innen“ rein grammatikalisch nicht. Artikel und Substantiv beißen sich. Schon diese Formulierung klingt irgendwie schlüpfrig. Aber so hab ich’s nicht gemeint. Mit „sich beißen“ meine ich nicht etwas, wofür man Zähne braucht (auch wenn ich thematisch bei den Zahnärzt**Innen bin). Mit „sich beißen“ bediene ich mich lediglich eines dt. Idioms, das auf das Fehlen einer gewissen Harmonie hinweist.
Ganz ehrlich: Es war früher viel einfacher, Deutsch zu schreiben. Man muss heute auf so viele Empfindlichkeiten Rücksicht nehmen.
Aber zurück zu meinem Zahnarzt. Er ist übrigens ein wahrhaftes „er“, sonst hätte ich ihn (bzw. sie) als „meine Zahnärztin“ bezeichnet.
Oben hatte ich angedeutet, dass Ihnen ein Besuch bei einer Zahnbehandelnden Person nicht erspart bleibt, wenn zähnemäßig etwas schiefgegangen ist.
In meinem Fall handelte es sich um eine Wurzelbehandlung. So etwas geht sehr flott vonstatten. Man setzt sich auf den Behandlungsstuhl, der rapide nach hinten gekippt wird, bis die Füße nach oben zeigen und das Blut in den Kopf fließt, was die perfekte Stellung ist, um jemanden, der in Ohnmacht gefallen ist, bei Bewusstsein zu halten.
Dann führt besagte zahnbehandelnde Person ein gefährliches Werkzeug in den Mund. Derweil bekommt man eine endlose Munddusche. Nach ein paar Stunden ist alles vorbei. Man darf aufstehen, auf die Toilette gehen und dann nach Hause (nachdem man einen Termin für die nächste Behandlung ausgemacht hat).
Ach! Das Wichtigste hab ich vergessen: Während man auf dem engen Stuhl liegt, ist man dem Humor der behandelnden zahnärztlichen Person ausgeliefert.
Zum Glück hat mein Zahnarzt einen guten Sinn für Humor. Und er kann auch interessant erzählen.
Ich weiß nicht mehr, wie er darauf kam, mir von „magical dentistry“ zu erzählen. Es scheint eine dieser Floskel zu sein, die in den USA sehr verbreitet sind. Es sollte – gleichsam als Werbeslogan - die Zahnpflege schmackhaft machen.
Nebenbei: Ich habe „magical dentistry“ gegoogelt (am besten mit „verzauberte Zahnmedizin zu übersetzen, was auf Deutsch schrecklich langweilig klingt), und hab auch einen zusätzlichen Begriff „magical smiles“, „verzauberte Lächeln“, gefunden.
All diese Zauberei – so kommt es mir vor –, um die Leute ohne Krankenkasse zu den sauteuren amer. Zahnärzt**Innnen zu locken.
Neben der Sache mit der „magical dentistry“ hat mir mein Zahnarzt auch mitgeteilt, dass er in den USA in einem „Disney Store“ war. Dort verabschiedete sich die Verkäuferin (oder muss das „Verkäufer*In heißen?) mit einem heiteren „Have a magical day!“
Ich habe sogleich gestöhnt. Nicht wegen der Tortur der Wurzelbehandlung, sondern weil ich sehr wohl weiß, woher dieses zuckersüße „have magical day“ stammt.
Vor etwa vierzig Jahren hat man in den USA begonnen als Abschiedsfloskel, „have a nice day“ zu sagen. (Zur Info: Das erbärmliche „Smiley“-Zeichen wurde praktisch zeitgleich aus der Taufe gehoben). Dieses verlogene „Have a nice day“ (verlogen, weil es im Grunde dem anderen egal war, was mit einem im Lauf des Tages wirklich passierte). Es sollte lediglich ein freundliches Abschiedsformel sein.
Später wurde dieses „Have a nice day“ zu einer noch schlimmeren „Have a great day“ gesteigert. Und so ist es bis heute geblieben.
Und nun hat Disney das Rad mit „Have a magical day“ neu erfunden.
Ich hätte all dies nicht erfahren – und Sie auch nicht – wäre es nicht für meine Wurzelbehandlung gewesen. Deshalb die mahnenden Worte: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Zähne gesund bleiben!
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