Ja, schon wieder das leidige Thema über die Sprachfähigkeit von Tieren. Die Tierfreunde werden sich nicht freuen.
Diesmal geht es um die Schimpansen. Insbesondere um einen Schimpansen namens Sarah. Äähmm…gibt es eine geschlechtsneutrale Form für Schimpansen? Vielleicht „Schimpansen*Innen“? Bitte, Hilfe, liebe Genderbender. Ich will nicht ins Visier der Sprachpolizei*Innen geraten. Mir reichen die Spammer und Phisher.
Im Juni, so las ich gestern, verstarb die Schimpansendame Sarah. Sie war beinahe 60 Jahre alt, was für einen Menschenaffen wahrlich ein Greisenalter ist und nur möglich, wenn so ein Hominid*In als Geisel der Wissenschaft sein Dasein gefristet hat.
Sarah wurde als Affenbaby vom Wissenschaftler*Innenehepaar*In David und Ann Premack aus Afrika „mitgebracht“. Ich zitiere aus den New York Times. Was „mitgebracht“ bedeutet, wird nicht näher erläutert. Ich werde mich bei PETA erkunden.
Die Premacks (alle beide) sind 2015 mit ca. 90 Jahren in Santa Barbara, California gestorben. Schon früher hatten sie aus Altersgründen Sarah abgeben müssen, und das Tier verbrachte die letzten 13 Jahre seines Lebens „gehätschelt und angebetet“ in der Obhut einer Organisation mit dem verdächtigen Namen „Chimp Haven“.
Aber zurück zur Sprachkompetenz Sarahs. Denn dies zu erforschen, war der eigentliche Zweck des „Mitbringens“ Sarah aus ihrem heimatlichen Afrika. (Wäre sie im Wald geblieben, wäre sie wahrscheinlich viel früher verendet).
Um es gleich vorwegzunehmen: Es ist nicht möglich einem Menschenaffen das Sprechen in unserem Sinn beizubringen. Weder Schimpansen noch Gorillas sind anatomisch so ausgestattet, dass sie Menschenwörter aussprechen könnten.
Vielmehr bringt man ihnen eine Art Zeichensprache bei. Im Fall von der Gorilladame Koko, die vor kurzem im stolzen Alter von etwa 50 verstorben war, war das eine Gestensprache, irgendwie entfernt verwandt mit der Taubstummengestensprache. Sarah hingegen bekam bebilderte Magnetplättchen, die sie an ein Brett haftete und sinngebend zusammensetzte.
Raten Sie mal, was das Lieblingsgesprächsthema Sarahs war. Ja natürlich! Das Essen! Bzw. das Fressen. Sarah lernte sehr schnell Bildchen von Bananas, Schokolade, Obstsorten, etc. zu erkennen, Sachen also, die sie gern im echten Leben schnabulierte. Auch Fotos von den Menschen ihrer Bekanntschaft wurden auf den bebilderten Plättchen dargestellt. Dazu auch Bilder, die verschiedene verbale Tätigkeiten veranschaulichten. Ich weiß leider nicht, wie sie aussahen.
„Las“ Sarah auf dem Brett den Satz „Mary geben Sarah Apfel“, war Sarah natürlich erfreut – und rechnete selbstverständlich – in Echtzeit – mit der Erhaltung eines wahrhaften Apfels. Abstrakte Sprache bzw. Gedanken interessierte sie nicht. Alles war zweckgebunden.
Schrieb man „Sara geben Mary Apfel“, reagierte Sarah unwirsch. Es war einfach nicht Teil ihrer Affenprogrammierung einem Menschen einen Apfel schenken zu wollen. Sie selbst sollte die Empfängerin sein…
So haben Sie, liebe Lesende, stark gekürzt (auf Englisch „in a nutshell“) das Ergebnis eines jahrzehntelang dauernden Experiments zusammengefasst bekommen. Nebenbei: Über dieses Thema hab ich viel in meinem eigenen „Kaspar Hausers Geschwister – auf der Suche nach dem wilden Menschen“, Franz Steiner Verlag 2018 (Achtung Schleichwerbung!) geschrieben.
All diese Storys enden jedenfalls gleich. Das heißt: Im Grunde haben Affen sehr wenig zu sagen. Kein Wunder. Ihr Leben in der Natur verläuft hierarchisch. Wenn sie uns gegenüber etwas mitzuteilen haben, dann geht es meistens ums Fressen. Ich nehme an, dass Affen auch über Sex „reden“ würden. Doch dieses Thema näher zu untersuchen, würde einen ganz besonderen Einsatz menschlicher Wissenschaftler*in erfordern. Ich kenne bisher keine solche Berichte. Aber vielleicht bald im Reality-TV oder in einem chinesischen Labor.
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