Weil ich längst gelernt habe, mit allem zu rechnen, habe ich nur kurz mit dem Kopf geschüttelt, als ich auf das Wort "heavenlo“ gestoßen bin – eine Erfindung fundamentalischer Christen in den USA, um den traditionellen "hello“-Gruß gewissermaßen zu läutern. Sie ahnen vielleicht schon jetzt den Grund für die Umbenennung. In “hello“ steckt nämlich die perfide Vokabel "hell“, also "Hölle“. Was wäre wohl für fromme Seelen naheliegender, als die Hölle in einen Himmel ("heaven“) zu verwandeln? Aus "hello“ also "heavenlo“.
Meine Suche nach "heavenlo“ im Internet ergab allerdings nur bescheidene 147 Treffer. Die meisten davon scheinen aber nicht von Fundamentalisten zu stammen, und oft hatte das gefundene "heavenlo“ eindeutig eine ganz andere Bedeutung als die von mir gesuchte. Mein Fazit: Diese höllische Abmühung der Fundis wird, so sicher wie es das Amen in der Kirche gibt, in die Hose gehen.
Wegen "heavenlo“ fiel mir aber die Geschichte mit den "french fries“ ein. So heißen die "Pommes frites“ bei uns. Nachdem Jacques Chirac 2003 die Irakpolitik Amerikas ohne wenn und aber abgelehnt hatte, wüteten manche US-Kongressabgeordnete über den Mangel an Solidarität der bösen Franzosen und fassten den Entschluss, die "french fries“, die in der Abgeordnetenkantine serviert wurden, fortan in "freedom fries“ (etwa "Freiheitfrites“) umzubenennen. Gleiches galt dem "french toast“ (zu Deutsch "armer Ritter“). Die bescheidene in Ei getunkte Brotscheibe hieß postwendend "freedom toast“.
Wahrscheinlich erzähle ich Ihnen nichts Neues. Deshalb füge ich Folgendes an: Das mit den "freedom fries“ und dem "freedom toast“ markiert mitnichten das erste Mal, dass einem Speisegericht wegen der vorherrschenden politischen Großwetterlage ein Namenswechsel auferzwungen wurde. Ich denke ans "Salisbury Steak“ (sprich "ssols-bo-ri“ oder so) – nach dem amerikanischen Mediziner J.H. Salisbury (1823-1905) genannt, der als Urheber dieses leckeren Hackfleischgerichts gilt. Ursprünglich war ein "Salisbury Steak“ kein Fleischklops, sondern ein flach gedrücktes Stück Hackfleisch, das man mit Kartoffeln und Sauce servierte. Es erfreute sich besonders in den Südstaaten großer Beliebtheit – war aber nicht mit dem beliebten amerikanischen "Hamburger“ zu verwechseln. Dann brach der Erste Weltkrieg aus. Auf einmal wurde es zunehmend politisch unkorrekt "Hamburger“ zu essen. Man nannte das heißbegehrte Fleischpflanzl auf Brot schlichtweg in ein "Salisbury Steak“ um. Nebenbei: Diese Bezeichnung war noch während meiner Jugend auf manchen Speisekarten zu lesen.
Ich weiß nicht, ob den "Frankfurter“ (sprich "fränk-futter“) bzw. "frank“ ("fränk“) das gleiche Schicksal ereilte. Das Synonym "hot dog“ existiert seit ca. 1890. Ob „Fränk-futter“ im Ersten Weltkrieg auf dem Index landete, konnte ich leider nicht eruieren. Ich nehme es aber fast an.
Übrigens: Noch ein Opfer des Ersten Weltkriegs waren zwei bekannte Eigennamen aus dem europäischen Adelsstand. Der englische Zweig der Familie Battenberg benannten sich 1917 in "Mountbatten“ um. Die englischen Sachsen-Coburg-Gothas wurden noch kreativer. Aus ihnen wurden die Windsors. So heißen beide bis heute.
Postscriptum: Im US-Kongress isst man wieder "french fries“ und "french toast“. Seit Nicholas Sarkozy im Élysée Palais residiert, sind Amerika und Frankreich, wie man so schön sagt, wieder enge "Mitesser“ geworden. Wie sagt man "Heavenlo“ auf Französisch?
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