Ich kann nicht erwarten, dass Sie mich ernst nehmen, wenn ich mich für ein derart arkanes Thema wie die Sprache des Jenseits entscheide. Manche werden gleich zu lesen aufhören. Sie werden meinen: Meine Zeit ist mir zu kostbar. Das ist alles für die Katz…
Hmm. Ob sich Katzen für dieses Thema Interessierten? Da müsste ich die liebe C. und den lieben G. fragen. Über Katzen wissen sie viel besser Bescheid als ich.
Sich Gedanken über die Sprache des Jenseits zu machen, ist aber nicht so abwegig, wie Sie vielleicht meinen, liebe Materialisten, liebe An-Nix-Glaubende. Denn dieses Thema hat durchaus auch Bezüge zum Here and Now. Echt. Immerhin hat der amer. Sprachwissenschaftler Noam Chomsky vor 60 Jahren einen wichtigen Beitrag zu solchen Spekulationen geleistet.
Und zwar hat er damals über die sog. „Tiefengrammatik“ – genannt: „Transformationsgrammatik“ – publiziert. Mit „Transformationsgrammatik“ meinte er, dass jeder Mensch mit der Gabe geboren wird, Sprachelemente grammatikalisch zu organisieren. Die jeweilige Sprache dieses Organisationsprozesses sei egal. Es geht darum, dass ein Säugling innerhalb ein paar Jahren in der Lage ist, irgendeine Elternsprache (haha – im Namen der Gleichberechtigung haben wir „Muttersprache“ gestrichen) zu verinnerlichen.
Szeretem a házamat, sagt das ungarische Kleinkind. Ich liebe mein Haus. Zu beachten: ház = Haus; házam = mein Haus; házamat = mein Haus im Akkusativ. Auch zu beachten: szeretem = „ich liebe“, wenn ein Nomen wie oben – mit Artikel versehen – im Akkusativ folgt. Szeretek = „ich liebe“ wenn kein Artikel folgt. Szertek almakat = ich liebe Äpfel (alma = „Apfel“, almak „Äpfel“, almakat „Äpfel“ im Akkusativ). Alles klar?
Das weiß jedes ungar. Kleinkind, so wie Sie, liebe Deutsche, bereits im zarten Alter zwischen „das gute Tier“ und „ein gutes Tier“ zu unterscheiden lernten.
Die Fähigkeit all dies zu kapieren schulden wir eben jene Tiefengrammatik, mit der wir – Chomsky zufolge – auf die Welt kommen. Kinder unterscheiden mühelos zwischen Verb, Nomen, etc., und sie beherrschen nach kurzer Zeit alle anderen Feinheiten.
Ein bekannter Sprachforscher – zum Glück hab ich seinen Namen vergessen – stellte einst die Theorie, dass alle Sprachen aus einer einzigen Ursprache entwachsen sind. Muss nicht sein, aber das hat er gemeint.
Mir klingt seine Theorie beinahe wie der Babelmythos. Upps! Da sind wir bereits kurz vorm Jenseits. Ich meine wegen Bibel…Religion…Tod…usw.
Doch keine Sorge. Ich schreibe hier kein metaphysisches Werk, sondern lediglich eine äußerst komprimierte sprachwissenschaftliche Studie zum Thema „Tiefengrammatik“. Heute hat man ohnehin kaum Zeit für anderes als Kurzfassungen.
Fassen wir also zusammen: Bisher haben wir bewiesen, dass alle Menschen mit der Gabe zur organisierten Sprache (sprich Grammatik) auf die Welt kommen. Soweit so gut. Nur… woher haben wir diese Gabe?
Und jetzt wird’s heikel. Hier meine kontroverse Theorie: Alle Menschen spekulieren gern über ein Leben nach dem Tod. Aber wieso soll es so etwas geben? Was man aber doch konkret weiß: Das Leben beginnt mit der Geburt – genauer gesagt, im Elternleib bzw. im Gebäreltern, wo man bereits mit der Tiefengrammatik bestückt ist.
Meiner Meinung nach ist das Neugeborene Kind schon so gut ausgerüstet, weil es bereits irgendwo war, wo man eine Sprache namens „Tiefengrammatik“ redete, und alle haben sie verstanden. So was könnte man ein Leben vor der Geburt nennen…so, als würde man die Fähigkeit mitbringen, jede Sprache im Nu zu meistern! Ein Leben vor der Geburt klingt ohnehin vernünftiger als eins nach dem Tod.
Mehr habe ich über dieses Thema nicht zu sagen. Sie kennen sich vielleicht sowieso besser aus als ich mich.
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