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Fake views: Die Story hinter der Story

Vielleicht kennen Sie den Begriff „fake views“. Es reimt sich mit „fake news“ und beschreibt die Tätigkeit gewisser Firmen, die Sie – gegen Bezahlung – zu (u.a.) einem YouTube-Starauftritt verhelfen. Oder wenn aber nicht gerade zum Starrang Ihr Ranking wenigstens um einiges erhöht.

Kurzer Abstecher: Stellen Sie sich vor. Es ist 1993. Ihre Zeitmaschine erlaubt Ihnen Einblick in die Welt, wie sie in 25 Jahren aussehen wird. Während Ihrer Zeitreise kommen Sie auf diese Glosse und lesen obige Sätze. Meinen Sie, Sie wären als Mensch des späten 20. Jh. in der Lage zu verstehen, worum es in den obigen Sätzen geht? Und wenn wir heute eine Glosse, die in 25 Jahren erscheinen wird, ergeht es uns anders?

Genug der Metphysik und zurück zu den fake views.

In der New York Times erschien jüngst ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema. Dort erfuhr ich, wie die Sache funktioniert, wenn man bei einer Webseite oder einem Twitter-, Instagram- oder Youtube-Konto den Eindruck erwecken möchte, dass die Seite Mengen von Hits, Besuchern usw. bekommt.

Wie schafft man es? Ganz simpel. 1.) „fake views“ googeln. Dort finden Sie die einschlägigen Seiten, die besagte „fake views“ (etwa: „getürkte Besuche“) verkaufen. Zum Beispiel: YTMonster oder QQTube... 2.) Kontaktieren, 3.) blechen…

Die NY Times führte ein Interview mit einem gewissen Martin Vassilev. Herr V. ist Kanadier. Er habe, so erklärte er, lange bei seinem Vater gewohnt und sein Taschengeld von der staatlicher Wohlfahrt erhalten, bis er eines Tages auf die Idee kam, fake views zu verkaufen. Das war im Jahr 2014. Innerhalb 18 Monate war er Besitzer eines BMW 328i und eines Eigenheims.

Er behauptet, er bekomme 150-200 Bestellungen täglich und verdiene…$30.000 monatlich.

Leider weiß ich nicht, ob das US oder CN Dollar sind.

Ja, liebe Lesende, man kommt in Versuchung. Ich meine nicht die Versuchung, fake views zu kaufen, sondern sie zu verkaufen!

Wer kauft sich diese fake views? Mr. Vassilev will selbstverständlich keine Namen nennen. Nur so viel verrät er: PR und Marketing Firmen sind dabei.
Und was tut eine Fake-View-Firma? Ganz easy. Sie erhöhen die Zahl der Treffer, indem sie positive Kommentare schreiben, „likes“ schenken usw. (Wäre vielleicht nützlich für den Verkauf meines neuen Buches, das sich bei Amazon arg vernachlässigt fühlt).

Der Artikel in der NYT war jedenfalls sehr umfangreich, und ich habe ihn deshalb nur überflogen. Ich glaube aber gelesen zu haben, dass es Schlupflöcher in den Gesetzen gibt, die einem wie M.V. ermöglicht, ganz legal fake views durch das WehWehWeh zu verstreuen.

Oder vielleicht hab ich gelesen, dass die Chose (abgesehen von den Schlupflöchern) nicht zulässig ist. Muss man selbst erforschen. Ich biete Ihnen hier lediglich die nötigen Hinweise, die eigene Forschung ermöglicht.

Rückblick: Noch heute höre ich den Nachrichtsprecher im Radio…

Wir schreiben das Jahr 1973, was inzwischen sehr lange her ist. Wer sich nicht auskennt: Es war eine Zeit, als jeder gern das eigene Gesicht in den Fernsehnachrichten entdeckte oder die eigene Stimme im Radio hörte – dies geschah hauptsächlich durch Straßeninterviews. Und das wussten die Sender.

Ich lebte damals in San Francisco und hörte eines Tages die Nachrichten.

Der Nachrichtensprecher erzählte, dass Andy Warhol gerade behauptet habe, dass jeder Mensch in den Vereinigten Staaten bis 1974 für fünfzehn Minuten berühmt sein würde.

Heute ist das mit den „Fünfzehn Minuten“ zum geflügelten Wort geworden. Allerdings ohne den Hinweis auf das Jahr 1974.

Mit fake views, liebe Lesende, bleibt die Aufmerksamkeit auf Sie noch länger als 15 Minuten. Dies könnte der Anfang einer tollen Karriere sein.

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