Für mich ein Feiertag. Denn gestern vor genau zwei Jahren habe ich die erste dieser Glossen gepostet. Wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sie auf angenehme Art vertreiben kann.
Wie soll ich diesen Jahrestag feiern? Indem ich mich heute weit aus dem Fenster lehne, natürlich! Ich möchte nämlich ein Thema aufgreifen, von dem ich eigentlich gar keine Ahnung habe. Ich möchte erklären, wie Suchmaschinen im Internet funktionieren.
Nochmals mit Nachdruck: Ich bin auf diesem Gebiet ein absoluter Banause – was vielleicht auch ein Vorteil ist. Wenn ich etwas verstanden habe und in der Lage bin es zu vermitteln, wird es nämlich auch für diejenigen, die noch weniger Ahnung haben als ich, verständlich.
Der Anlass für dieses Unterfangen war meine Glosse über den "Piesepampel“. Zwei Tage nachdem die diesbezügliche Glosse erschienen war, suchte ich aus Jux in "Google“, um zu sehen, ob vielleicht – durch den damaligen Presserummel um dieses Wort – die Zahl der Treffer, gestiegen wäre. Und es war auch so. Doch das Erstaunlichste: Von den nunmehr 5.750 Treffern stand ausgerechnet die Glosse des "Sprachbloggeurs“ zu diesem Thema auf Platz neun. Wie kommt es, dass ich so schnell einen so hohen Rang unter den Piesepamplern erreicht habe? wunderte ich mich.
Ich hatte freilich keine Ahnung und fragte Freund Edward, den ich gerne "Medienadvokat“ nenne. Er ist aber zugleich ein Expert auf dem Gebiet der Suchmaschinen.
"Ganz einfach“, erklärte er mir. "Google ist hierarchisch aufgebaut. Je öfter eine andere Seite auf deine Seite verweist, und noch wichtiger, je öfter eine Seite insgesamt angeklickt wird, umso höher klettert sie in der Google-Begriffshierarchie. Das nennen wir 'Page-Ranking’.“
Mit anderen Worten: Weil die Homepage "PM" oft angepeilt wird, und weil eine bescheidene Menge Besucher meine Glosse über den "Piesepampel“ angeklickt hatte, stand ich nach den Regeln der Suchmaschine ipso facto auf einem hohen Rang. Aber: Weil ich weiß, dass die Zahl der "Piesepampel“-Besucher beim "Sprachbloggeur“ in Wirklichkeit bescheiden war, kann ich davon aussgehen, dass die Webseiten unterhalb von meiner noch bescheidener besucht wurden. Man darf sich also nicht einbilden, wenn man bei "Google“ ganz oben schwebt, dass einem etwa die Welt zu Füßen liege. Das heißt: Die "Hierarchie“ ist eigentlich keine! Oder sie ist eigentlich eine sinnlose Hierarchie der No-names. Gleiches findet man übrigens bei "Amazon“. Ein Buch, dessen Rang mit, sagen wir, 200.000 angegeben wird, springt blitzschnell auf Rang 14.000, wenn nur ein Exemplar verkauft wird. Werden es zwei Exemplare – so gilt das Buch fast als Bestseller – zumindest kurzfristig. Sie können sich somit vorstellen, wie wenige Bücher von den vielen Titeln bei "Amazon“ tatsächlich verkauft werden.
Aber nun habe ich von "Exodus“ erfahren. Noch nie davon gehört? Hier ist nicht die Rede von einem Buch aus der Bibel, sondern von einem neuen Suchprogramm, das momentan in Europa entwickelt wird. "Exodus“, das noch nicht auf dem Markt ist, gründet auf einem ganz anderen Organisationsmodell als die herkömmlichen Suchdienste. Beispiel: Sie geben das Stichwort "Ärzte“ ein. Sie erhalten aber nicht – wie bei den gängigen Suchprogrammen – 36.300.000 hierarchisch geordnete Treffer. Nein, auf dem Bildschirm bekommen Sie zuerst eine Auswahl von "Begriffsbündeln“ zu sehen. Denn "Ärzte“ kann Unterschiedliches bedeuten: etwa den Namen einer Musikgruppe, oder vielleicht sind die "Ärzte ohne Grenzen“ gemeint, oder man will eine Liste aller Ärzte aus dem Bundesgebiet haben. Wie auch immer. "Exodus“ zaubert Begriffe in Bündeln hervor, bevor es Ihnen den weiteren Qual der Wahl aufoktroyiert.
Manche werden vielleicht meinen, dass diese "Bündelung“ auch mit "Google“ und Co. schon jetzt möglich wäre, indem man ein Stichwort genauer eingrenzt und formuliert. Und damit haben sie recht. Aber nur manchmal. Wenn ich, zum Beispiel, nach der Etymologie des englischen Wortes "good“ suche und den Suchbegriff "good etymology“ googele, gerate ich schnell in Teufelsküche. Ich bekomme nämlich abertausend Treffer. Nur: Sie beziehen sich auf einen Begriff, der den Sinn „gute Etymologie“ und nicht "Etymologie des Wortes 'good’“ hat. Ich habe diesen Frust mehrmals erlebt.
"Exodus“ hingegen wird, so wurde mir erklärt, auf Basis von Assoziationen aufgebaut. Das heißt: Das Programm sucht das Netz nach Querverbindungen ab. Alle Menschen, die den Begriff "Ärzte“ in einem ähnlichen Sinn verwenden, werden automatisch im Web zusammengebündelt; denn sie hinterlassen Spuren, die sie miteinander vernetzen. Diese Spuren werden von "Exodus“ zusammengeschnürt und Ihnen auf dem Bildschirm als "Bündel“ angeboten. Alles klar?
Nun dürfen Sie anhand von diesen Bündeln nach den "Ärzten“ Ihrer Wahl weitersuchen. Die weitere Suche wird zwar hierarchisch gehandhabt, d.h., nach einer Rangordnung, aber anders als bei den herkömmlichen Suchprogrammen. Der Benutzer kann nämlich eigene Hierarchien ("rankings“) massgeschneidert zusammenbündeln. Und noch wichtiger: Die Trefferzahl, die angezeigt wird, bezieht sich auf eine echte Zahl. Dies erwähne ich, weil bei anderen Suchprogrammen nur die obigen eintausend Treffer zugänglich sind – auch wenn es heißt man habe "35.000.000 Treffer“ gefunden. Googeln Sie, zum Beispiel, den Begriff "web“. Schauen Sie wie viele Treffer Sie öffnen dürfen.
Ihnen die neueste Technologie, zur Feier des Tages, vom Sprachbloggeur schmerzlos erläutert.
PS Bin gespannt auf mein "Ranking" unter Stichwort "Google"!
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