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Mein bad hair day

Hierzulande sträuben sich einem die Haare, oder die Haare stehen einem zu Berge. Man kann sich auch in die Haare kriegen. Einen Tag der schlechten Haare kennt man jedoch nicht.

Vielleicht ist „Bad hair“ ein amerikanisches Problem. (Notabene: Mir schwebt die präsidiale Tolle nicht unbedingt vor. Sie soll übrigens, so hab ich gelesen, ihre Ursache ohnehin im Medikament Finasterid haben. Schlagen Sie unter „Finasterid“ nach). Einen „bad hair day“ hat jede(r) Amerikaner(in) - zumindest manchmal. Ich glaube aber, dass es sich trotzdem nicht um ein uraltes amer. Leiden handelt. Als ich nach Deutschland kam, hatte noch keiner einen bad-hair-Tag.

Dennoch ein lustiges Bild. Oder? Leider lässt es sich aber nicht eins zu eins ins Deutsche übertragen wie etwa „Haut und Haar“ (engl „hide and hair“) oder „Haare auf den Zähnen“ („hair on his(her) teeth“). Nicht traurig sein, liebe Deutsche. Die dt. Sprache hat ausreichend eigene lustige Bilder produziert, die im Englischen fehlen. Z.B.: „Mit der Tür ins Haus fallen“ oder „nicht alle Tassen im Schrank haben“.

Bei dict.cc fand ich immerhin „Frisurdebakeltag“. Klingt lustig, aber, Hand aufs Herz: Haben Sie’s mal gehört? Ich nie.

„Scheißtag“ steht auch bei dict.cc. Dem Sinne nach wenigstens eine ziemlich genaue Übersetzung. Bloß man denkt gleich ans Fäkale. Bää. Oder „Schlechter Tag“. Langweilig. Last but not least heißt es bei dict.cc „Tag, an dem alles schiefgeht.“. Ja, und genau das passiert an einem „bad hair day“…

…und jetzt kommen wir endlich zu meinem „bad hair day“.

Immerhin hat es gut angefangen. Mein Arzt hat mir an dem Tag sogar gute Gesundheit bescheinigt: Blutdruck in Ordnung, EKG okay.

Doch dann kam ich nach Hause und wollte ein paar Mails schreiben. Nun aber vernahm ich in der nahen Ferne ein explosivartiges Geräusch, das schien, irgendwo in der Wohnung entstanden zu sein. Es klang wie ein Zischen - als hätte jemand eine Rakete gezündet, die nun ungezügelt durch die Wohnung sauste.

Natürlich wurde ich neugierig. Ich stand auf und marschierte los. Erst in der Küche stellte ich fest, was passiert war. Etwas Schreckliches sogar: Am Spülbecken schoss vor meinen Augen ein übel riechendes Gebräu unkontrolliert in die Höhe wie ein Geysir. Es blubberte und zischte wie verrückt. Die Hängeregale oberhalb vom Spülbecken waren bereits voll mit einem schwarzen Schlamm besudelt. Es kam mir vor, als ob Vesuv - ausgerechnet in meiner Küche - hochgegangen wäre.

Aber nun wurde es noch schlimmer. Das dreckige Wasser stieg konstant, und plötzlich schwappte es über den Rand des Spülbeckens über. Auf dem Boden war bald Landunter. Alles ging so schnell. Ich war hilflos. Ich holte einen Eimer und schöpfte so geschwind wie möglich das dreckige Gebräu aus dem Spülbecken und schüttete es ins Klo.

Irgendwann hörte das schwarze Schlammwasser auf, weiter zu steigen. Ich langte ans Telefon und zum Glück erreichte ich nach kurzer Zeit den Hausmeister. Er kam vorbei, schaute nicht schlecht und holte - eiligst - eine Rohrreinigungsfirma.

Bald standen zwei starke Männer mit schwerer Artillerie vor der Tür. Sie gaben mir beide die Hand, fragten, wie es mir gehe und betraten freundlich die Wohnung. Sie waren wahnsinnig nett und ruhig und haben meiner offenbar erbarmt. Innerhalb einer Viertelstunde hatten sie das Problem beseitigt. Magie. Sie haben sogar den Boden gewischt.

Ja, es war ein bad hair day. Nicht nur wegen des Schlammwassers. Es passierten auch verschiedene meist kleinere Malheure, die kollektiv den Fass immer wieder zum überlaufen brachten. Anrufe, Paketdienste, auch meine Mutter rief an. Sie erzählte mir, dass jemand in ihre Wohnung (sie lebt in einer Seniorenanlage) gekommen wäre, während sie nicht zuhause war. Dieser Mensch habe sich an der Schokolade herangemacht, die ich ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Nein, meine Mutter ist nicht dement. Dies ist tatsächlich passiert. Wirklich seltsam.

Na ja, am Abend war es mit den schlimmen Dingen endlich vorbei. Ich hatte Glück. Und deshalb bin ich heute in der Lage, über meinen bad hair day zu berichten.

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