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Gehen Bärenhäuter huren und buben? (Gewiss!)

Sprachbloggeur: Gestern hab ich einen Fuchs beinahe geschossen.

Besserwisser: Entschuldigung, Herr Sprachbloggeur, schöner wäre eigentlich, „Gestern hab ich einen Fuchs beinahe erschossen. Und hoffentlich hatten Sie guten Grund, so etwas zu machen, z.B., dass er tollwütig war. Hoffentlich aber nicht, um ihm das Fell abzuziehen, sonst verpetze ich Sie bei PETA.

Sprachbloggeur: Aber bitte, ich bin doch kein Bärenhäuter.

Besserwisser: Aber womöglich ein „Fuchshäuter“. Haha.

Sprachbloggeur: Gibt’s doch nicht. Ich kenne nur „Bärenhäuter“. Ist ohnehin nicht mein Thema. Ich wollte vielmehr erzählen, dass ich gestern einen Fuchs beinahe geschossen habe.

Besserwisser: Und ich habe Sie korrigiert. Man erschießt, lieber Sprachbloggeur, einen Fuchs, oder man schießt einen Fuchs an. Man schießt einen Fuchs aber nicht (außer vielleicht in der flotten Sprache der Zeitungen). Ich hoffe jedenfalls, Sie haben verschossen, was ich ohnehin annehme, weil sie „beinahe“ meinten.

Sprachbloggeur: Ich glaube, ich muss Ihnen erst erklären, was ich mit „Bärenhäuter“ meine, bevor wir übers Fuchsschießen reden.

Besserwisser: Bitte.

Ich werde Sie, liebe Lesende, mit obigem Gespräch nicht weiter strapazieren. Leider war mir der Besserwisser schon, bevor Ich jedes Missverständnis hätte ausräumen können, ins Wort gefallen. Das passiert einem Migrantler oft. Er will etwas erzählen, und da kommt plötzlich einer daher und will ihn prompt korrigieren, weil er meint, so einer mit Migrationshintergrund hat schon wieder etwas Falsches gesagt.

Auch meine leidgeprüfte Frau kann von diesem Phänomen ein Lied singen (tralala). In dieser Situation bin ich allerdings der Besserwisser. Manchmal sagt sie etwas auf Englisch (wir reden Englisch - schon seit immer), das mir falsch vorkommt, und ich verbessere sie. Doch dann stellt es sich heraus, dass man in Kanada, wo sie als Teenie gelebt hat, so redet. Der Besserwisser weiß halt nicht immer alles.

Was auch für den Besserwisser im obigen Auszug aus einem Dialog zutrifft. Er weiß, z.B., nicht, dass ich mich jetzt in Grimmelshausens, „Simplicissimus“ vertiefe und von daher mich mit der deutschen Sprache des 17. Jahrhundert auseinandersetze.

(Nebenbei: ein großartiges Buch! Wenn Sie wissen möchten, wie es war, ein deutscher Mensch im 17. Jahrhundert zu sein - genauer: während des Dreißig Jährigen Krieges - dann haben Sie in diesem Buch einen treuen Reiseleiter gefunden).

Aber zurück zum Bärenhäuter. Er ist, laut Grimm, das, was man heute „Primitivling“ oder „Grobian“ nennt. Manchmal wird das Wort bös gemeint, manchmal nur scherzhaft. Manchmal bezeichnet es lediglich ein „Faulpelz“.

Und nun endlich zum Fuchsschießen. Übrigens: Versuchen Sie mal, nur zum Spaß, dieses Idiom zu googeln. Wissen Sie was passiert? Sie werden auf unzählige Seiten gelotst, die mit…was sonst?...mit dem Erschießen von Füchsen, PETA usw. zu tun haben. Das allwissende Google weiß doch nicht alles.

Anders im 17. Jahrhundert. Damals haben alle Deutschen gewusst, was es heißt, einen Fuchs zu schießen. Z.B., wenn der besoffene Gouverneur zum jungen Simplicius Simplicissimus sagt: „…du Schuft, la-la-lang-langs Lavor, ich m-mu-muß e-ein Fu-Fuchs schießen!“ Was will er von dem naiven Teenie?

Er will ein „Lavor“, also einen Schüssel haben, weil es ihm derart übel ist, dass er sich übergeben muss. Wie es auch mir gestern beinahe ergangen ist - doch das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls: Damals sagte man „einen Fuchs schießen“ fürs Erbrechen. Nettes Bild, oder? Hat außerdem die passende Farbe.

Ja, man lernt viel, wenn man alte Bücher liest. Zum Beispiel, dass man „huren und buben“ sagte. Was „huren“ bedeutet, kann man sich vorstellen. Aber das „buben“: Die Bedeutung dieses Verbs wird vom prüden Grimm nur lateinisch wiedergeben, so unanständig war die Vorstellung. Unanständig aber offensichtlich weit verbreitet. Auch Luther schreibt „huren und buben“.

Willkommen, Kameraden, im Deutschland des 17. Jahrhunderts.

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