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And the winner is…beep-bop, beep-bop: Fly sein!

Fangfrage: Welches von allen Büchern dieses Weltalls landet kurz nach seiner Erscheinung mit Sicherheit in der Altpapiertonne?

Nein, nicht das Branchenverzeichnis. Das hat man ein ganzes Jahr (wenn man’s überhaupt noch hat). Und nein, auch die „Twilight“-Serie über die Teenie-Vampire ist hier nicht gemeint. Diese Bücher drohen immer wieder Pubertierende aller Altersgruppen in ihren Bann zu ziehen.

Ich bin kein Sadist, und ich möchte deshalb die Spannung nicht ins Unerträgliche hinausziehen.

Die Antwort lautet natürlich „Das Lexikon der Jugendsprache“. Ich glaube, die neueste Inkarnation dieses jährlichen Ritus - von Langenscheidt verlegt - heißt „100 Prozent Jugendsprache 2017“.

Bitte verstehen Sie diesen Hinweis auf einen Produktnamen nicht als Schleichwerbung, sondern lediglich als Versuch, ein Phänomen zu veranschaulichen. Ohnehin vermute ich, dass Langenscheidt etwas weiß, was mir entgangen ist: dass das Verlegen solcher lexikalischer Eintagsfliegen trotz ihrer Kurzlebigkeit ein sehr lohnendes Geschäft ist.

Ja, wir sind bei der sog. Jugendsprache. Vielleicht wäre mir das Thema gar nicht aufgefallen, wenn ich nicht auf einen ellenlangen Text darüber in der Münchner Abendzeitung gestoßen wäre. Das war bereits letzte Woche.

Am selben Tag fand ich ebenfalls einen Text zum Thema im Spiegel-Online vor. Der Anlass - wie jedes Jahr - war natürlich die Kur des diesmaligen Jugendwortes des Jahres. Es ist immer derselbe Rummel: als handelte es sich um eine Art Nobelpreis für den Jugendslang.

Wie heißt das Jugendwort dieses Jahres? Wahrscheinlich kennen Sie es schon. Auch Sie lesen Zeitungen (egal ob die kostenpflichtigen papiernen oder die kostenlosen elektronischen). Für den Fall aber, dass Sie die Nachrichten diesmal verpasst haben, darf ich vorstellen: Wir feiern den Begriff „fly sein“.

Hand aufs Herz: Haben Sie diese Redewendung gekannt? Mir war sie völlig unbekannt. Vielleicht weil ich in den Kreisen nicht mehr verkehre, wo man mit so einem Idiom konfrontiert wird. Der Abendzeitung zufolge heißt es „besonders abgehen“.

Und jetzt wieder eine Peinlichkeit: Ich habe das Idiom „besonders abgehen“ zunächst total falsch verstanden. Ich dachte, es muss „fehlen“, „vermissen“ bedeuten. Wie wenn man, z.B., sagt: „Ja, die Straßenbahn acht fährt nicht mehr. Sie geht mir besonders ab.“ Meine Frau musste mich aufklären.

Mittlerweile weiß ich, was „fly sein“ für einen Sinn hat; zugleich habe ich es akribisch unter die Lupe genommen. Und: Es ist genau, wie ich vermutete…eine Lehnübersetzung aus der englischen (und amerikanischen) Sprache. „Fly sein“ ist nämlich eine wörtliche Übertragung der Redewendung „to be fly“, d.h.: „to be cool“. Z.B.: „I’m so fly“ sagt man oder „He was driving some fly ass [d.h. “cool”] car“ usw.

Und guess what: „Fly sein“ existiert in der englischen Sprache seit mindestens zweihundert Jahren (wenn nicht länger). Nach einem wohl sehr langen Winterschlaf ist es dann in den 1980er Jahren wieder aufgetaucht.

Aber wie kommt es, dass dieses Idiom ohne Visum, ohne Asylantrag wie aus dem nichts und im Nu in der dt. Sprache heimisch geworden ist? Wegen der globalisierten Massenmedien natürlich!

Ich kann es noch präziser platzieren: dank einer gewissen Sängerin namens Daya (mir leider unbekannt). Sie hat dieses Idiom in einem Popsong, „Hide Away“, gesungen…

Doch nun das wahre Wunder: Diese Redewendung hat jemandem in Deutschland offenbar sehr gefallen, und plötzlich hat sich „Fly sein“ so schnell grassiert wie die Vogelpest.

Und nun kennen Sie die ganze Geschichte.

Be fly, dear readers, be fly.

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