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Wann darf ich das engl. Wort „f**k“ verwenden?

Zum Anfang ein bisschen Autobiographie. Ich war 19 Jahre alt, Student der Altphilologie. Mein Lieblingsdichter aus der römischen Literatur hieß Catull. Insbesondere liebte ich seine Derbheit, zumal ich dabei war, die eigene zu entdecken. Catulls Lyrik brachte mir beinahe jede Schweinerei der lateinischen Sprache bei, und bald fühlte ich mich, jungen Lyriker, inspiriert eigenes zu produzieren...

Ich verfasste einen Lyrikzyklus mit dem Titel „Fragments of M. Furius Bibaculus“. Das Werk beinhaltete ca. 100 Fragmente des (von mir erfundenen) verschollenen Werkes des Lyrikers Marcus Furius Bibaculus, eines Zeitgenossen aus dem Kreis um Catull. Viele meiner „Fragmente“ waren ausgsprochen vulgär. Ich besitze das Manuskript leider nicht mehr.

Immerhin gewann ich mit diesem Werk einen Lyrikwettbewerb und bekam für meine schöpferische Mühe 25 Dollar – damals eine nette Summe.

Bald aber traten die Kritiker auf den Plan: 1.) der Stifter des Preises. Er war entsetzt über mein Werk und beteuerte, er würde künftig den Preis einstellen; 2.) mein weiser Professor, der Altphilologe Samuel Lieberman. Er sprach mich eines Tages nüchtern an: „Weißt du, was du mit deinen „Fragments“ angerichtet hast?“ Ich schaute ihn etwas verständnislos an. „Dir ist es gelungen, den einzigen wirklichen Zauber, der in unserer kostbaren englischen Sprache noch existiert, durch Inflation zu entzaubern.“
Das hat geschmerzt.

An Professor Lieberman hab ich gedacht, als ich neulich den „deutschen“ Buchtitel „Who the fuck is Kafka“ und den Filmtitel „Fack ju Goethe“ zur Kenntnis nahm.

„Deutsche verstehen nicht, wie unmöglich diese Titel klingen“, sagte ich zu R., einer jungen amer. Buchhändlerin, die ich in München kenne. Denn längst hatte ich verstanden, wie sehr Professor Lieberman recht hatte.

R., obwohl sie einer anderen Generation gehört als ich, stimmte sofort zu. Und glauben Sie mir: Weder R. noch ich sind prüde Menschen. Lediglich verstehen wir die Regeln unserer Muttersprache.

Doch nun wurde ich neugierig. Ich gab beim dt. Amazon den Suchbegriff „fuck“ ein. Und siehe da! Im Nu meldete Amazon 20 Seiten Ergebnisse. Zugegeben, die meisten zeigten bloß Angebote für T-Shirts, Sex-Spielzeuge, CDs usw. Doch dt. Bücher gab es darunter auch. Zum Beispiel: „Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus“ von Barbara Ruscher. Oder „Fuck you, Kita – eine unglaublich wahre Geschichte“ von Anne und Daniel Wiedmann. Ich kenne die Bücher nicht, und jetzt will ich sie erst recht nicht näher kennenlernen.

„Die haben einfach kein Gefühl für die englische Sprache“, grantelte ich zu R.

„Die Titel klingen ja schrecklich“, erwiderte sie.

Das sind aber nur zwei von vielen Titeln. Den großen Preis für Geschmacklosigkeit und fehlendes Sprachgefühl bekommt mit Abstand der dtv-Verlag. Er hat nämlich einen Titel „Fuck you, Leben“ veröffentlicht. Wobei es sich um eine Übersetzung aus dem Amerikanischen handelt. Nun fragte ich mich, wie der Autor, N. Pratt, sein Buch im Original nannte. „Fuck you, life“ etwa? Von wegen. Der schlichte Titel lautete „Trouble“. Jawohl, „Trouble“.

Als Service dieser Seite erlaube ich mir Ihnen, liebe Lesende, eine kurze Fibel über den korrekten Umgang mit dieser sehr wichtigen englischsprachigen Vokabel zu bieten in der Hoffnung, dass sie Ihnen nützt:

1.) Der Gebrauch dieses Wortes setzt immer eine gewisse Intimität der jeweiligen Gesprächspartner voraus. Wird das Wort verwendet, ist dies stets ein sicheres Zeichen, dass man sich „duzt“.

2.) Das Wort kann auch als verbales Zeichen für einen Übergriff verstanden werden. Wenn sich zwei (oder mehr) Menschen nicht verstehen, greifen sie zuerst mit diesem Wort an.

3.) Das Wort wird üblicherweise Männern vorenthalten. Ja, auch heute im Zeitalter der Gleichberechtigung der Geschlechter gibt es so was. Freilich sind Ausnahmen möglich, aber sie kommen seltener vor als Deutsch Sprechende vermuten.

4.) Ein erwachsener Sohn darf dieses Wort im Gespräch mit dem Vater benutzen. Auch hier als Zeichen einer männlichen Intimität. Es darf aber nicht in der Gegenwart der Mutter zum Einsatz kommen. In dem Fall klingt es vulgär und unhöflich.

5.) Frauen dürfen es unter sich als Sprachgewürz hinpfeffern. Sie tun dies trotzdem nur selten. Denken Sie an Schlachtenbummler. Auch Frauen dürfen mitumherziehen; dennoch bleibt das Schlachtenbummlertum meistens Männerbereich.

Nun, liebe Leser, sind Sie bestens gewappnet, um verantwortungsvoll mit einem der wichtigsten englischen Wörter umzugehen. Viel Erfolg wünscht Ihnen Ihr Sprachbloggeur.

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