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Extra! Extra! Was Sie gegen den Weltuntergang tun können!

Ich hatte vor, über den Weltuntergang zu schreiben, doch dann bin ich Frau I. auf der Straße begegnet.

Ich stellte ihr, wie es mir schien, eine unverfängliche Frage: „Wie geht’s Ihnen?“

„Es geht mir schlecht. Elend“, sagte sie.

Dann erzählte sie mir ihre schreckliche Geschichte. Ich fasse nur kurz zusammen: Der neue Eigentümer ihres Hauses – er ist erst Mitte 20 – hat ihr die Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt. Frau I., die schon 40 Jahre in der Wohnung ist und einen Laden im Erdgeschoss hat, musste zähneknirschend, um wenigstens den Laden zu retten, die Wohnungskündigung hinnehmen. Alles natürlich mit irrsinnigen Kosten und Umständen verbunden, was verständlicherweise an ihren Lebenskräften zerrt.

Ich sprach mein Mitgefühl aus. Sonst konnte ich nur wenig für sie tun.

Wie der Zufall es wollte, war ich, als wir uns antrafen, selbst betrübt. Ich habe aber nichts davon verlautbaren lassen. Am vorigen Tag hatte ich nämlich endlich und endgültig eine Absage von einer gewissen Verlegerin für mein „Das Buch vom Schwindel“ bekommen. Die Sache hatte sich ein Jahr lang hinausgezogen. Eine Zeitlang schien es, als würde die Sache ein gutes Ende nehmen. Die Verlegerin mochte das Buch, meinen Stil, meinen Humor. Doch ihr plagte die übliche verlegerische Angst vor Literatur, wenn diese von einem noch Unbekannten herkommt. Ein wachsendes Problem in einer höchst kommerzialisierten Branche.

Gern hätte ich Frau I. etwas vorgejammert. Sie kennt das Buch nämlich (hat sogar einen kurzen Auftritt), aber ihr Problem kam mir viel Existenz bedrohender vor als meine Absage.

Ach ja. Ich hatte vor, über den Weltuntergang zu schreiben. Aber dieses Thema will man lieber packen, wenn man gutgelaunt ist. Nur dann kann man mit diversen Witzen über die „Millenaristen“ und die „Chiliasten“ (Begriffe, die man mit „Jahrtausender“ verdeutschen kann) unterhalten. Damit meine ich die Leute, die gern glauben, dass die Welt um den Jahrtausendwechsel – sprich 1000 und 2000 n.Chr. –zugrunde geht und die selbst beinahe süchtig danach sind.

Diese hauptsächlich christliche Fantasie ruht auf dem Glauben ans messianische Zeitalter. Demnach wird Jesus zurückkehren und 1000 Jahre auf Erden regieren, eine Vorstellung, die übrigens im sehr frühen christlichen Zeitalter vom nachbiblischen Judentum abgeguckt wurde und wohl zoroastrischen Ursprungs ist. Später wurde sie in den Islam aufgenommen. Aber wie dem auch sei. Am Ende dieses messianischen Zeitalters rechnen eifrige Gläubige mit dem furchterregenden „Jüngsten Tag“. Hurra. Hurra.

Leser: Warum heute so dunkle Themen, lieber Herr Sprachbloggeur?

Sprachbloggeur: Habe ich nicht schon gesagt, dass ich frustriert bin?
Außerdem: Weil die Menschen vergessen haben, dass es ihnen gut geht, und die Fanatiker – aller Couleur – scheinen momentan Hochkonjunktur zu haben.

Leser: Und? Ihre Prognose?

Sprachbloggeur: Ich setze meine Hoffnungen auf die kleinen Dinge.

Leser: Die kleinen Dinge? Wie meinen Sie das?

Sprachbloggeur: Zum Beispiel, dass Frau I. nach diesem unnützem Leiden auf einen gütigen Vermieter stößt, damit sie wieder zur Ruhe kommen und ihren Laden wie gehabt betreiben kann. Oder dass ich endlich einen mutigen Verleger finde, der erkennt, dass er (oder sie) mit meinen Büchern nicht nur einen adäquaten Gewinn erzielen wird, sondern Bücher in die Welt setzen kann, die viele Leser erheitern werden.

Leser: Sie scheinen dem Wunschdenken in eigener Sache verfallen zu sein, lieber Herr S. Oder sehe ich das falsch?

Sprachbloggeur: Nein. Das ganze Leben besteht letztendlich aus kleinen Begegnungen. Wenn man sie zumindest einigermaßen auf die Reihe bekommt, denkt keiner mehr (außer ein paar Psychopathen) an einen Weltuntergang.

Leser: Sie sind wohl ein Träumer.

Sprachbloggeur: Nein, ich bin Schriftsteller.

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