„Mach’s gut“, sage ich zu E. Er arbeitet in der Bäckerei, ist jung, hat Träume.
„Mach’s besser“, antwortet er.
Mach’s besser? Hmm. Das kenne ich irgendwoher, dieses „mach’s besser“. Ja, das kenne ich.
Szenenwechsel. Wir befinden uns in den USA. Wahrscheinlich in den 1970er Jahren. Die Zeit jedenfalls, als wir Amerikaner anfingen, die Abschiedsfloskel „Have a nice day“ runterzuleiern. Habe sie wahrscheinlich selber damals aufgesagt – vor allem beim Verlassen eines Ladens. Die Worte klangen heiter, passten gut zum zeitgenössischen Optimismus. Sie strahlten eine nette, unverbindliche Freundlichkeit aus.
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, was wir für eine Floskel hersagten, bevor „have a nice day“ zur Mode wurde. Vielleicht: „Bye now“ oder „See you“. In den Südstaaten hieß es: „Y’all come back now“.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, weil ich damals nach Deutschland ging und blieb, und bald tauchte ich in der Fremdsprache unter, im Deutschen also, und lernte in dieser mir fremden Sprache sogar träumen. Das mit dem „have a nice day“ verschwand mehr oder weniger aus meinem täglichen Bewusstsein. Dafür lernte ich „mach’s gut“ zu sagen – aber nur zu Menschen, mit denen ich per Du war. „Machen Sie’s gut“ sagte ich seltener. Und wenn ich ein Geschäft verließ, sagte ich ohnehin „schönen Tag“ oder an einem Freitag „Schönes Wochenende“. Immerhin ist „schönen Tag“ fast eine Übersetzung von „have a nice day“.
Aber jetzt ein bisschen Wirtschaftsgeschichte: Am Ende der 1970er Jahre, der Zeit also, als man „have a nice day“ erstmals aufsagte, ließ US-Präsident Carter die Bankgeschäfte deregulieren. Genauer gesagt: Er kapitulierte vor dem damals immer stärker gewordenen Druck der Finanzindustrie. Damit gewannen die Banken gewaltig an Macht und Einfluss. Eine Bank war fortan nicht nur der Ort, wo man seine Ersparnisse bunkerte oder vielleicht ein Darlehen beantragte, sondern auch die Stelle, wo man sich vom Bankberater immer wilder geschnürte Pakete, genannt „Instrumente“ ,„Fonds“, „Papiere“ usw., andrehen ließ.
Unter US-Präsidenten Reagan wurde diese Deregulierung noch weiter intensiviert, und bald schwappte die neue Mode auch nach Europa rüber.
Überall strebten Profitgierige nach Mehrwert. Doch komischerweise ist das Geld nicht wertvoller, sondern nur inflationärer geworden.
Können Sie sich erinnern, als Erdbeeren zwei bis vier Mark für 500g kosteten? Heute bezahlt man zwei bis fünf Euro. Zu Bedenken: Der Euro ist gleich ca. zwei Mark.
Daran dachte ich, als mir E. „Mach’s besser“ wünschte. Klar, er meinte es mit mir gut. Denn „besser“ ist immer mehr als „gut“.
Und seit den 1980er Jahren trällert der Amerikaner, wenn er sich höflich verabschieden will: „Have a great day“. „Great“ klingt größer als „nice“. Ist doch klar.
Da das Geld inflationärer wurde, warum auch die Sprache nicht?
Meine Frage: Was geschieht mit der sprachlichen Inflation, wenn die Wirtschaft einmal wieder kräftig kracht? Oder wenn die heutige Deflation schlimmer werden soll?
Kann man etwas wieder gut machen, nachdem man’s schon besser gemacht hat?
Ich weiß es nicht und wage keine Antwort. Doch Fortsetzung folgt…
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