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Brief an Steven Spielberg

Lieber Mr. Spielberg,

ist es sinnvoll, werden manche fragen, Ihnen einen in Deutsch geschriebenen Brief zu schicken, zumal Sie diese Sprache höchstwahrscheinlich gar nicht verstehen? Ist es sinnvoll an Sie überhaupt zu schreiben? könnte man ebenso fragen. Hätte ich aber, wenn ich meine Gedanken auf Amerikanisch formulierte, bessere Chancen, sie zu erreichen?

Kaum.

Den Grund für diesen Brief kann ich jedenfalls in einem knappen Satz erläutern: Ich möchte Ihnen meine Meinung über einen Ihrer Filmstreifen mitteilen, über den Film „Krieg der Welten“ – zu Englisch „War of the Worlds“.

Es mag seltsam erscheinen, dass ich im Jahr 2013 meine Aufmerksamkeit auf einen Film aus dem Jahr 2005 wende. Doch ich gehe in den letzten Jahren nur selten ins Kino, und meistens mache ich ohnehin einen Bogen um die „Action-Films“, die sogenannten „Blockbuster“.

Auch um besagten „Krieg der Welten“ hätte ich einen Bogen gemacht. Nur: Als ich am Samstagmorgen Bayern 5 Nachrichten lauschte, kam um 9h25 unter Rubrik „Fernsehtipps“ eine kurze, sehr positive Besprechung Ihres Films, der an diesem Abend um 23.20 ausgestrahlt werden sollte. Der Sprecher – oder Sprecherin – bemerkte, dass es sich um eine besonders intelligent gemachte Filmversion des H.G. Wells Romans „War of the Worlds“ handelte und dass der Regisseur indirekt die Problematik der Flüchtlingskatastrophen in den Kriegsgebieten anpackte oder so ähnlich.

„Heute Abend möchte ich mir einen Film im Fernsehen anschauen“, sagte ich meiner Frau.

„Du schaust Dir kaum Filme an. Was ist das für einen?“

Ich gab weiter, was ich im Radio gehört hatte. Meine Frau meinte, sie hätte vielleicht auch Interesse. Um 23.20 nahmen wir unsere Plätze in der ersten Reihe.

Ich möchte Ihnen die Handlung zusammenfassen, gleichwohl Sie sie natürlich bestens kennen. Aber here goes: Tom Cruise spielt einen Familienvater, einen chaotischen Kindmann, der getrennt von Frau und Kindern (einem Jungen vielleicht 17 und einem Mädchen, etwa 10jährig) lebt. Die Kinder sollen bei ihm – fürs Wochenende oder länger, habe ich schon vergessen – bleiben. Denn die hochschwangere „Ex“ fährt mit ihrem Neuen nach Boston, um ihre Eltern zu besuchen. Die Kinder, wie man feststellt, hegen gewisse Ressentiments gegen Tom Cruise. Ein ungemütliches Zusammensein entfaltet sich. Bisher der Stoff eines üblichen Melodramas. Doch bald ziehen die dunklen Wolken zusammen. Buchstäblich. Es blitzt und kracht da oben, aber der Blitz ist kein normaler, und dieses seltsame Phänomen scheint, wie man in TV-Nachrichtensendungen erfährt, weltweit vonstatten zu gehen. Die Menschen werden nervös, neugierig, beängstigt. Aber jetzt geht’s los. Plötzlich steigen komische dreifüßige fliegende Maschinen aus dem Erdboden. Hinzu sausen riesige Raumschiffe über der Stadt vorbei, oder sie schweben einfach in der Höhe. Und dann: Zapp! Zack! Zing! usw. Teure Special Effects werden ab jetzt großzügig eingeschaltet. Tod und Verwüstung überall. Es bleibt Tom und seinen Kindern nichts anderes übrig als zu flüchten. Eine vergebliche Liebesmühe aber, denn sie werden auf Schritt und Tritt von den Außerirdischen verfolgt. Nun wird es klar: Die Erde wird von Außerirdischen attackiert. Das Mädchen kann übrigens sehr gut kreischen und sich einen tollen erstarrten Ausdruck aufsetzen . Tom hingegen ist ein Überlebenskünstler. Er kapert Autos, kämpft gegen die hysterischen Massen und gegen die Außerirdischen, tut alles, um sich und seine Kinder zu retten. Irgendwann will der Sohn aber auf eigenen Fuß weitergehen. Vater und Sohn streiten sich. Dann die kurze, traurige Trennungsszene, gefolgt vom erneuten Gekreische des Mädchens, von Tod und Verwüstung überall usw. – bis am Schluss, wenn Tom und Co. aufgehört haben zu hoffen, die bösen Außerirdischen von alleine krepieren. Es stellt sich raus: So mächtig sie seien, werden sie von klitzekleinen Bakterien besiegt. Ohnehin hat Tom es geschafft, mit der kleinen Schreierin, nach Boston zu gelangen. Überall tote Menschen, tote Außerirdische und Verwüstung. Nur Boston scheint einigermaßen vor dem Durcheinander verschont verblieben zu sein. Das Mädchen sieht die Mutter. Umarmungen, Tränen. Und siehe da: Auch der Sohn ist präsent! Alle leben! Nur Tom, trauriger Held bleibt außen vor. Trauriger Held, stiller Held. The End.

So viel zur Geschichte. Die Kritik kann ich viel knapper formulieren als die Handlung: Es war ein Erlebnis wie eine Achterbahnfahrt oder eine Fahrt auf der Geisterbahn. Das heißt: Man weiß, von vorne herein, wie es ausgeht. Ein paarmal wird man gegen die Schwerkraft geschleudert oder mit Gruselpuppen konfrontiert. Man weiß aber, dass man am Schluss, aus dem Wägelchen heil auszusteigt, lediglich ein paar Euro leichter. Spannung? Ungewissheit? Von wegen.

Lieber Herr S., dieser Film mit den teuren Special Effects war, um ein anderes Bild zu verwenden, so spannend wie ein Rülpser: Keiner zweifelt, wenn er rülpst, dass die Luft den Ausgang findet. Erst recht nicht, wenn man einen Film mit einem teuren Schauspieler wie Tom Cruise macht. Man rechnet mit einem Sieg und sogar mit einem Happy End und einem „feel good“ Schluss. Eine Reise also von Punkt A bis Punkt B ohne besondere Überraschungen – mit Ausnahme von ein paar Nervenkitzeln. Gemeint sind die Aktionszenen. Hauptaufgabe des Films schien jedenfalls mit Special Effects zu brillieren.

„Zwei Stunden habe ich wegen dieses dummen Films vergeudet“, beklagte sich meine Frau. „Ich hätte die Zeitung lesen können.“

„Für mich keine Zeitverschwendung“, antwortete ich. Nun weiß ich, wie man einen Film nicht macht.“

Falls Sie von mir alternative Handlungsvorschläge für Ihren Film haben möchten, stehe ich wie immer gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
P.J. Blumenthal
Sprachbloggeur

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