Ein Neuling in der deutschen Sprache suchte ich mit meiner damaligen Lebensabschnittspartnerin nach einer Wohnung in München. Wir schreiben das Jahr 1975.
Wir klingelten an einer Wohnungstür, wo wir einen Termin mit dem Vermieter verabredet hatten. Ein langer, bebrillter Mann mit kurzem Kinnbart machte auf. Forsch reichte er mir die Hand und sagte: „Fick“.
Ich, der ich erst kurz zuvor aus dem Jünglingsalter herausgewachsen war, wollte zu kichern anfangen, habe mich aber rechtzeitig gefangen. Denn meine Kenntnisse dieser Fremdsprache reichten gerade noch aus, um zu konstatieren, dass er mir lediglich seinen Namen vorgesagt hatte und kein anzügliches Angebot machen wollte. Nebenbei: Wir haben die Wohnung nicht genommen.
Nächstes Beispiel: In einem Antiquariat in San Francisco stieß ich eines Tages vor vielen Jahrzehnten auf ein Buch – ich weiß nicht mehr, ob es in Englisch oder Deutsch war. Der Autor hieß jedenfalls„Fucks“, eigentlich die norddeutsche Variante von „Fuchs“. Ein voriger amer. Besitzer des Buches hatte unter dem Namen „I bet he does“ (Ich bin sicher, dass er es tut) geschrieben. Haha.
Zur Info: Auch der Name „Fuchs“, mit „h“ also und nicht mit „k“ geschrieben, bereitet Amerikanern Schwierigkeiten. Man bemüht sich, den Namen als „Fjuk-s“ auszusprechen, um jegliche Doppeldeutigkeit zu im Keim zu ersticken. Meine Großmutter, die nur leidlich Englisch sprach, sagte trotzdem „Fokks“ – zum Leide ihrer Kinder.
Nächstes Beispiel: Immanuel Kant. In Amerika – und in England, so habe ichs von einer zuverlässigen Quelle – ist man ungern ein Kantianer. Denn „Kant“ (weil wir im Englischen kein langes „a“ kennen) klingt beinahe wie „cunt“, ein sehr vulgäres Wort für das weibliche Geschlechtsteil – aber das Wort kennen Sie wahrscheinlich schon.
Der Name wird bisweilen wirklich zum Problem für Lehrer. Stellen Sie sich vor: Sie unterrichten lauter junge Menschen im Alter von – sagen wir – 18 und 20 und müssen stets von „Kant“ reden. Sätze wie „Kant is very important“ oder die Frage „Who likes Kant?“ bringt jeden Lehrer an seine Grenzen.
Und noch ein Beispiel: Der „Hahn“ heißt auf Englisch „cock“ oder „rooster“. Heute wird, den Kindern zuliebe, Letzteres bevorzugt, weil „cock“ – das wissen Sie auch schon – „Penis“ bedeuten kann.
Anstatt „weathercock“, also „Wetterhahn“, sagt man heute lieber „weathervane“. (Ich denke, „vane“ muss etymologisch mit „Fahne“ verwandt sein).
Es gibt dennoch Fälle, wo „cock“ nicht weichen will. Z.B.: Der „petcock“, eine Art Ventil, das auf- und zugedreht wird, um Öl aus dem Öltank eines Autos zu lassen. Der „Hahnenkampf“ heißt nach wie vor „cockfight“. „Roosterfight“ klingt einfach zu niedlich. Er findet übrigens im „cockpit“ statt.
Ein Wort, zwei Seelen.
Und so komme ich zum eigentlichen Thema dieses Diskurses: Die Entscheidung des Thieneman Verlags bestimmte Wörter in Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“ mit anderen auszutauschen. So werden in diesem Buch, zum Beispiel, Schuhe und Stiefeln nicht mehr „gewichst“, sondern wohl „poliert“ oder so. Der „Negerkönig“, so habe ich gelesen, wird zum „Südseekönig“ oder so.
Nichts gegen politische Korrektheit – manchmal hat man sie nötig – aber manchmal…. In Mark Twains „Huckleberry Finn“ wollten PCer in den USA der Hauptfigur „Nigger Jim“ einen neuen, neutralen Namen verpassen. Nein, heute keine Beispiele aus der Bibel…die gibt es aber…
„Overkill“ heißt das auf Englisch. Etwa: „des Guten zu Viel“. Als ich mich 1975 in München zum ersten Mal beim KVR anmeldete, stieß ich im Formular auf die Frage nach meiner „Konfession“.
„Was ist eine ‚Konfession‘?“ fragte ich, zumal „confession“ auf Englisch „Geständnis“ bedeutet.
„Ihre Religion“, antwortete der Beamte.
„Ach so“, sagte ich und schrieb im Formular „Jude“.
Der Beamte stierte mich merklich irritiert an, als wollte ihn provozieren, strich mein Wort durch und ersetzte es mit „Isr.“…
Nun mache ich Schluss, sonst habe ich bald zehn Seiten oder ein ganzes Buch geschrieben. Ein ausbaufähiges Thema. Grüße an Herrn Fick.
Add new comment