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Zum (hoffentlich) letzten Mal: Gehört der Islam zu Deutschland?

Es war der rührselige Bundespräsident a.D. Christian Wulff, der als erster den Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ in den Mittelpunkt der deutschen Tagespolitik platzierte.

Das war im Jahr 2010. Schon damals haben Besucher der vorliegenden Seite eine Glosse zu diesem Thema (s. „Die Leitkultur und die Leidkulturen“ vom 19. Oktober 2010) vorgefunden.

Nun hat Bundespräsident Gauck Gleiches erläutert wie ich damals: dass nicht der Islam, sondern Muslime zu Deutschland gehören. (Beinahe zeitgleich mit der Aussage Gaucks bestätigte hingegen CSU Staatsminister Söder überraschenderweise die Wulff’sche These).

Wer hat recht?

Hier hilft nur ein bisschen Geschichtsunterricht.

Tatsache ist: Der Islam hat nie eine zentrale Rolle in der deutschen Geschichte gespielt – mit Ausnahme vielleicht von der Zeit der Kreuzzüge, als deutsche Ritter, Haudegen und diverse Fußsoldaten, die als Kanonenfutter dienten, in Richtung Jerusalem marschierten.

In der Zeit danach gab es zwar immer wieder mal Konfrontationen mit dem osmanischen Reich, doch es waren Österreicher, Polen und Ukrainer, die in diesem Konflikten stets eine größere Rolle spielten als die Deutschen.

Nein, der Islam gehört vom Standpunkt der Geschichte nicht zu Deutschland. Er war vielmehr ein exotischer Traum für manche Deutschen. Denken Sie an Goethes West-östlichen Diwan, Karl Mays abenteuerliches Kurdistan. Immerhin waren es deutsche Orientalisten, die seit dem 19. Jahrhundert mit bewunderswürdigem Fleiß , die arabische, die persische und die türkische Sprachen und Kulturen unter die Lupe nahmen. Ihre Bemühungen haben viel dazu beigetragen, diese für Deutsche fremden Welten – auch in religiöser Hinsicht - zu öffnen.

Trotzdem war der Islam hierzulande de facto ein Exotikum. Nur deshalb bezeichneten früher die meisten Deutschen die islamische Religion als „Mohammedanismus“ und die Anhänger dieser Religion als „Mohammedaner“.

Nur Hitler täuschte gute Beziehungen zur islamischen Welt vor und hieß den Mufti von Jerusalem in Berlin willkommen. Nicht aber weil er für den Islam etwas übrig hatte, sondern weil er auf allen Fronten Krieg gegen die Juden führte.

Die muslimische Präsenz in Deutschland ist letztendlich – und das weiß eigentlich jeder – etwas Neues. Umso mehr ist sie historisch signifikant, und deshalb ist es heute wichtig zu untermauern, dass Muslime zu Deutschland gehören.

Befänden wir uns nicht in Deutschland, sondern in Bulgarien, Griechenland, Albanien, Rumänien, Ungarn, Serbien usw., würde ich auf jeden Fall zustimmen, dass der Islam zu diesen Ländern gehörte. Gleiches gilt selbstverständlich für Spanien, Südfrankreich und Sizilien.

Und doch frage ich mich, welcher Politiker in der Türkei, in Ägypten, in Libyen, in Algerien, im Irak usw. öffentlich wagen würde zu behaupten, dass das Christentum zu ihren Ländern gehört. Außerdem habe ich bisher noch keinen saudischen Politiker erläutern hören, wie sehr das Judentum zu Saudi Arabien gehört (was übrigens auch für den Irak, für Ägypten, Libyen usw. gelten müsste).

Das ist aber ein anderes Thema.

Übrigens: Ist es Ihnen aufgefallen, dass Gauck sein Statement im Lauf eines Interviews gemacht hat und nur weil man ihn direkt darüber gefragt hat. Wulff hingegen hat aus diesem Thema bewusst ein Politikum gemacht.
Ich denke, dass es Themen gibt, die man sanft und sachlich angehen sollte. Dazu gehört ganz bestimmt alles, was mit Religion zu tun hat.

Ende der Predigt. Nächste Woche – Hand aufs Herz – gibt es beim Sprachbloggeur leichtere Kost. Die hat man dringend nötig in einem mit Fakten überfütterten Zeitalter.

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