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Schon wieder das E-Buch – diesmal auch Praktisches

Meine Glosse über E-Bücher von der vorigen Woche ist auf viel Resonanz gestoßen. Das kann nur bedeuten, dass das Thema „in der Luft“ liegt – oder dass eine Megainternetbuchhandlung (ich nenne keine Namen) mich zum E-Buch-Posterboy der Woche auserkoren hat. Was hier zutreffen könnte, verrate ich nicht.

Im Übrigen habe ich diverse interessante Kommentare zum Thema erhalten. Von einem gewissen „xdi234eyso“, zum Beispiel, (ja, so war der Name wirklich, und die Hotmail-Adresse lautete ddfzzyrlde@hotmail oder so ähnlich) kam folgender Beitrag. Ich zitiere: „syldtx fvldt dfelr xfkoriofilawj efzfktopwef“. (Notabene: Diese Botschaft wurde in Hypertext schrieben. Das heißt: Hätte ich auf den Link geklickt, wäre ich auf eine exotische Webseite gelandet und würde vielleicht heute gar nicht mehr leben, weil ich an Denguefieber gestorben wäre).

Vom langjährigen Leser dieser Seite Pappe hingegen kam ein ernst zu nehmendes Plädoyer für den Erhalt der haptischen Sinnlichkeit des Buches, der durch E-Bücher nicht zu ersetzen sei. Ich verstehe diese Sorge, gehe davon aus, dass es auf der Welt Platz für beides, fürs haptische und fürs E-Buch, gibt. Die Fotografie hat die Malerei auch nicht ersetzt, sondern bereichert.

Christine aus Hamburg, die als Literaturübersetzerin tätig ist, freute sich, dass man zu jeder Zeit mit einer ganzen Bibliothek unterwegs sein kann. Das kann ich nur bejahen: Schon vor Jahren habe ich mir ein elektronisches Wörterbuch der Firma (Beep! Beep! Beep!) gekauft. In einem kleinen, handlichen Gerät befinden sich das Duden Universalwörterbuch, das Oxford Advanced Learners Dictionary (gähn), ein Französisch-Deutsch/Deutsch-Französisch Lexikon, ein Englisch-Deutsch/Deutsch-Englisch Lexikon, ein Spanisch-Deutsch/Deutsch-Spanisch Lexikon – alle seriöse Markennamen. Ich vermisse keinen Augenblick die mühselige haptische Nachschlagerei.

Umberto Eco (in: „Die große Zukunft des Buches“) hat sich folgendes Kriterium für den Erfolg des E-Buches ausgedacht: „Ich frage mich allerdings nach wie vor, ob es selbst bei einer allen Leseanforderungen optimal angepassten Technologie wirklich sinnvoll ist, Krieg und Frieden auf einem E-Book zu lesen. Man wird ja sehen. Auf jeden Fall werden wir Tolstoi und all die anderen auf Papier gedruckten Bücher bald nicht mehr lesen können, ganz einfach weil sie in unseren Bibliotheken bereits begonnen haben, sich zu zersetzen.“

Hmmm. Warum ausgerechnet Krieg und Frieden als Maßstab, ob man E-Bücher lesen wird oder nicht? Und wieso sollen sich bald die gedruckten Bücher in den Bibliotheken zersetzen? Mein Gegenvorschlag: Da Eco schon über achtzig ist, würde ich empfehlen, dass er erst recht Krieg und Frieden als E-Buch lesen sollte. Man kann nämlich auf dem E-Reader die Schrift ganz schön vergrößen. Eine Segnung für alte Augen.

Aber jetzt zum Praktischen. Im Zeitalter der Kinderkrankheiten des E-Buches möchte ich hier handfeste Abhilfe für die noch Verunsicherten anbieten – und zwar anhand von einem konkreten Beispiel.

Wie Sie vielleicht schon wissen, werden E-Bücher in verschiedenen Formaten verkauft. Ein sehr großes Online-Geschäft (ich nenne keine Namen) bietet seine Bücher, zum Beispiel, im sog. MOBI-Format an, damit man sie nur auf einem eigens für E-Bücher produzierten Reader lesen kann. Andere Anbieter verkaufen ihre Bücher im sog. EPUB-Format. Doch auch hier gibt es verwirrende Unterschiede. Jede Firma, die ein eigenes Lesegerät produziert, verschlüsselt ihre EPUB-Bücher, damit man gezwungen wird, Bücher beim hauseigenen „Bookclub“ zu erwerben. Diese Verschlüsselung heißt übrigens DRM, „digital rights management“.

Stellen Sie sich vor, dass Autos nur mit firmeneigenen Sprit fahrtüchtig wären. So ähnlich ist die momentane Lage bei den E-Readers.

Wie lange noch? Schon jetzt kann man eine kostenlose Software namens Calibre herunterladen, die ein Leseformat in die andere umwandelt. So einfach ist es trotzdem noch nicht. Man braucht nämlich noch immer ein Zusatzprogramm, das die DRM-Verschlüsselung des jeweiligen „Bookclubs“ entfernt. Keine Sorge, alles nur Kinderkrankheiten.

Letzte Woche habe ich auf der Webseite der Firma (Beep! Beep! Beep!) das Gesamtwerk von Goethe (15.000 Seiten!) für unter drei Euro entdeckt. Die Datei war ca. 29 Megabyte groß. Ein wuchtiges Ding. Zum Vergleich: Das Werk von Georg Trakl hat vielleicht 200 Kilobyte.

Ich habe dieses „Buch“ gekauft mit der Absicht, es in ein Format umwandeln, das zu meinem Reader passt. Eine solche Umwandlung dauert normalerweise weniger als eine Minute. Doch das arme, überforderte Calibre kaute 1141 Minuten an diesem Goethe, um mir schließlich das eigene Scheitern einzugestehen. Dreimal habe ich es probiert – das waren insgesamt 57 Stunden – und bin jedesmal gescheitert.

Ich war sauer: Warum dürfen nur die Kunden von Beep! Beep! Beep! Goethe für unter drei Euro haben? Warum werde ich diskriminiert, weil mein Format anders ist?

Ich bin aber vom Hause aus hartnäckig und habe lange über das Problem nachgedacht. Endlich suchte ich im Internet unter den Stichworten „Goethe Gesamtwerk“ und „EPUB“ (mein Format). Innerhalb Sekunden wurde ich fündig. Ich habe eine Webseite entdeckt, die nicht nur Goethe, sondern eine ganze Bibliothek von „Gesamtwerken“ anbietet – und zwar in EPUB und MOBI-Formaten – alles ohne DRM-Verschlüsselung.

Bald hatte ich mein Goethe auf dem Reader heruntergeladen. Ob ich so viel Goethe jemals lesen wird, bleibt dahingestellt. Eins steht aber fest: Bald aber wird es einen Sprit geben, der zu allen Autos passt.

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