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Neue Besen, alte Besen – und eine sehr traurige Nachricht

Gestern Abend war ich noch überzeugt, dass dieser Beitrag „Grün ist die Hoffnung, grün ist der Neid“ heißen müsste. Damit wollte ich auf die neue Farbe, die diese Seite momentan schmückt, hinweisen. (Ob sie bleibt, weiß ich noch nicht). Hoffnung, weil ich meinte – und meine – , dass ich wieder Grund habe zu hoffen, auch wenn hier alles noch nicht ganz funktioniert wie es sein sollte. (Es hapert, zum Beispiel, noch immer mit dem Kommentarschreiben). Immerhin sind meine Spammer wieder glücklich. Sie melden sich ganz erfreut als „Benutzer“ an, in der Hoffnung, sie könnten den „Sprachbloggeur“ eines Tages voll verspammen. Aber grün ist nicht nur die Farbe der Hoffnung. Es ist auch die Farbe des Neides – zumindest ist grün eine der Neidfarben. Die deutsche Sprache kennt auch gelb in dieser Rolle. Der Gedanke dahinter: Die Galle eines „Vergällten“ färbt seine Haut gelb bzw. grün.

Aber dann habe ich das mit grün und Hoffnung verworfen und mich für das Bild des Besens entschieden. Die neuen Besen sollen, wie jeder weiß, gut kehren. Allerdings: Auch dieses Bild hat seine Kehrseite – insbesondere, wenn der Besen alt wird.

Komisch: Das Angenehme und das Unangenehme stehen häufig Seite an Seite.

Das alles nur zur Einleitung. Ab jetzt wird es persönlich. Hier nun ein kurzer Bericht von der Front – zum Thema Hoffnung und Neuigkeiten:

Erstens: Mein berufliches Leben verändert sich dramatisch. Viele Jahre habe ich unter Vertrag bei einer gewissen Zeitschrift gearbeitet. Dank dieser Arbeit konnte ich meine Rechnungen bezahlen. Am Ende dieses Jahres läuft der Vertrag aus. Das ist nicht tragisch. Ab dem 1. Januar 2012 bin ich endlich ein echter freier Schriftsteller.

Zweitens: Mein Rechner, der meine schreibende Karriere seit Jahren begleitet hat, will nicht mehr. Er stürzt immer wieder und ohne Vorwarnung ab. Auf ihn ist kein Verlass mehr. Nur: Alle meine Daten – also Dokumente, Fotos, Scans, Emails usw. habe ich auf diesem alten Rechner gespeichert. Nun galt es, alles sofort zu retten. Manches hatte ich zwar auf externen Datenträgern bereits gespeichert – nicht aber alles. Ich kam mir vor wie ein Mensch auf einer vulkanischen Insel, der alles in Sicherheit bringen muss, bevor der Vulkan in die Luft geht.

Schon jetzt schreibe ich auf dem neuen Rechner. Das Schreibprogramm ist mir noch fremd, ein neuer Besen also. Manches habe ich noch nicht beherrscht.

In solchen Augenblicken mache ich mir übrigens Gedanken darüber, ob in 50 Jahren die elektronisch gespeicherten Daten der Gegenwart immer noch griffbereit sein werden – geschweige denn in 200 Jahren. Man sehnt sich manchmal nach dem lieben, geduldigen Papier.

Drittens: Gestern haben wir eine neue Therme bekommen. Die alte hat nach 26 Jahren den Dienst verweigert. Wir mussten in den (teuren) sauren Apfel beißen. Noch dazu viel Trubel in der Wohnung. Wieder ein Umlernen – in diesem Fall im Reich der Wärme.

Viertens: Nächste Woche zieht unser Sohn in eine eigene Wohnung. Sein Bruder führt schon seit einem Jahr ein eigenes Leben. „Empty nest“ heißt das auf Englisch. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Ich bin aber stolz auf meine Söhne und freue mich, dass sie selbstständig sind.

Fünftens: Alles, was ich bisher berichte, zählt letztendlich zu den ganz normalen Änderungen, Überraschungen, Widrigkeiten und Freuden eines Lebens. Die traurige Nachricht habe ich für den Schluss aufbewahrt.
Vielleicht erinnern meine Stammleser, dass ich manchmal von meinem Sprachguru erzähle. Seit Jahren liest er Woche für Woche meine Beiträge und korrigiert die gröbsten Fehler. Er wollte nie, dass ich seinen Namen verrate. Er hat es mir sogar verboten. Er blieb lieber der Schatten im Hintergrund.

Am Montag dem 19. Dezember 2011 um 10.30 ist dieser lieber Mensch eine Woche vor seinem 97. Geburtstag gestorben. Ich bin überzeugt, dass er es mir heute nicht übel nehmen würde, wenn ich seinen Namen hier endlich preisgebe: Ernst-Theo Rohnert. Woche für Woche hat er mir seine Emails mit Korrektur geschickt. Sogar vor zwei Wochen! Er hat mir viel über diese mir fremde deutsche Sprache beigebracht. Er war stets pingelig, stets streng, stets sehr genau und stets geduldig. Er hat sich immer kurz gefasst. „WS“ also „Wortstellung“ zählte zu seinen Lieblingsrügen; oder „eleganter wäre…“ Als ich vor zwei Wochen das Wort „beeindruckt“ falscherweise als „beeindrückt“ schrieb, kommentierte er: „‘beeindruckt‘ – Einprägen! Sehr wichtig!“.

Er signierte seine Mails immer mit „eteha“. Er und seine Mails werden mir sehr fehlen. Ab jetzt bin ich ganz und gar für die eigenen Fehler verantwortlich. Ab jetzt kehre ich mit dem eigenen Besen und vor der eigenen Tür…

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