Sprachbloggeur: Entschuldigung.
Robert (nicht sein richtiger Name): Du hast nichts Falsches getan. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.
Sprachbloggeur: So habe ich es auch nicht gemeint. Eine Entschuldigung wird oft als Höflichkeitsfloskel gebraucht. Ich wollte etwas ganz anders sagen.
Robert: Und du meinst, dass auch zu Guttenberg bloß eine Höflichkeitsfloskel ausgesprochen hat, als er sich entschuldigte?
Sprachbloggeur: Nein, das habe ich nicht behauptet. Zu Guttenberg ist ohnehin nicht mein Thema. Er ist Politiker, und der ist eh schon zurückgetreten. Ich mache mir nur ein paar Gedanken übers Lügen.
Robert: Also doch zu Guttenberg. Alle (mit Ausnahme von 87% der „Bild“-Leser und mehreren CSU-Wählern – aber auch die schwinden dahin) meinen, er habe gelogen.
Sprachbloggeur: Dein zu Guttenberg kann mir gestohlen bleiben. Ich denke an etwas ganz anderes: etwas, das ich in der „Weltwoche“ über den Film, „The King’s Speech“, gelesen habe. Notabene: Ich schreibe hier kein Plagiat, ich zitiere hier aus der „Weltwoche“. Soll ich dir den Autor des Artikels verraten? Er heißt Hanspeter Born.
Robert: Ich bin nicht dein Doktorvater, aber bitte. Ich käme sowieso nicht darauf, wenn du ein Zitat aus der „Weltwoche“ als eigenes Wissen verkauft hättest.
Sprachbloggeur: Ich verkaufe nichts. Ich teile lediglich mit.
Robert: Dann teile mit.
Sprachbloggeur: Born schreibt, dass „The King’s Speech“ ein hervorragender Film sei, aber unter einem kleinen Schönheitsfehler leide .
Robert: Und der ist?
Sprachbloggeur: dass die Geschichte reine Fantasie ist. Mit einer Ausnahme.
Robert: Und die wäre?
Sprachbloggeur: „Bertie“, also Albert, der dann König George VI. wurde, war tatsächlich ein Stotterer.
Robert: Keine Kleinigkeit, wenn die Geschichte ums Stottern geht.
Sprachbloggeur: Nur, sein Sprechhindernis wurde schon in den 1920er Jahren behoben. Ja, und es stimmt, dass sein Lehrer ein unkonventioneller Australier war. Der Film spielt hingegen in den dramatischen Vorkriegsjahren 1936 bis 1939. Mit anderen Worten: Das Ganze ist eine aufgebauschte Geschichtsklitterung. Ich mag das Wort „Geschichtsklitterung“. Wenn ich es benutze, denkt jeder, dass ich Deutsch akzentfrei spreche.
Robert: Bitte nicht kokettieren. So stark ist dein Akzent auch wiederum nicht. Und jetzt gehst du den Film nicht sehen, weil der König im falschen Jahrzehnt gestottert hat.
Sprachbloggeur: Das habe ich nicht behauptet. Ich meine nur: Die meisten Menschen gehen in den Film und sind überzeugt, sie bekommen Geschichtsunterricht. Außerdem, sagt Born, sei es nicht Winston Churchill gewesen, der „Bertie“ (klang zu Deutsch) dazu riet, sich „George“ zu nennen. „Bertie“ und Winston wurden erst während des Krieges Freunde. Wo kommen wir hin, wenn alle alles behaupten dürfen, nur um sich besser zu verkaufen?
Robert: Du meinst wirklich, dass zu Guttenberg nicht dein Thema ist.
Sprachbloggeur: Hältst du mich für einen Lügner? Immerhin bin ich Amerikaner. Wir lernen als Kinder (zumindest zu meiner Zeit), dass George Washington den Kirschbaum seines Vaters gefällt und dies, als sein Vater fragte, wer es getan habe, unverzüglich zugegeben hat. Zitat: „Father, I cannot tell a lie. It was I who cut down your cherry tree.” Dieser George war für uns ein großes Vorbild – auch wenn ich später erfuhr, dass die Geschichte nur eine Legende war.
Robert: Im „Spiegel-Online“ habe ich gelesen, dass Adlige öfters schummeln. Siehst du: Auch ich zitiere meine Quellen.
Sprachbloggeur: In Amerika gibt es keinen Adelstitel.
Robert: Man schummelt trotzdem. Hat nicht Clinton gesagt, „Ich habe mit der Frau nicht geschlafen.“
Sprachbloggeur: Das war keine Lüge. Amerikaner unterscheiden sehr streng zwischen Kopulation und Fellatio.
Robert: Jetzt spricht der Latinist.
Sprachbloggeur: Entschuldigung. Ich wollte nicht angeben. Ich suche lediglich nach der Wahrheit und finde sie nicht.
Robert: Schon wieder entschuldigst du dich. Ich möchte allmählich behaupten, dass zu Guttenberg doch dein Thema ist.
Sprachbloggeur: Hältst du mich für einen Lügner? Mich beschäftigt nur die Geschichtsklitterung und die habe ich schon ausreichend erörtert.
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