Sehr geehrter Herr Jackson,
Lieber Michael (ja, man kann sich Dir so nahe, so intim fühlen),
im Namen der ganzen Industrie möchte ich mich für Ihr/Dein plötzliches Ableben herzlichst bedanken.
Ich meine dies keineswegs respektlos. Wir hätten es ebenso begrüßt, wenn Sie/Du noch viele Jahre weiter gedeihlich auf Erden geweilt hätt/en/est. Denn egal, was Sie (Du) macht/en/est, waren/warst Sie/Du ein Publikumsmagnet.
Und das war für die Industrie schon immer ein Plus. Jeder wollte über Sie/Dich Bescheid wissen: wie es dazu kam, dass sich Ihre/Deine Hautfarbe verändert hatte; wie vielen Schönheitsoperationen Sie sich/Du dir unterzogen hatt/en/est; ob Sie/Du den Knaben in Ihrem/Deinem Bett wirklich unsittlich berührt hätt/en/est. Und und und.
Seit Jahren hatten wir unsere Freude an Ihren/Deinen Auftritten, egal ob wir über Sie/Dich hergezogen oder Sie/Dich gelobt hatten. Das Publikum gierte stets nach Neuigkeiten, und wir haben ihm damit geholfen. Auch Ihre/Deine geplante Comebacktour hätte uns lange beglücken können. Man denkt wehmütig an all jene Berichte, die hätten darüber erscheinen können. Tja.
Man hätte gedacht: Ihr/Dein Tod würde den sprichwörtlichen Strich unter die Rechnung ziehen. Denn alle munkelte, das Spiel sei ohnehin aus – aus Altersgründen undsoweiter. Es war aber nicht so. Weshalb nun dieser Brief. Ich muss es endlich deutlich sagen. Sie/Du hatt/en/est stets das perfekte Timing. Das darf um Gottes Willen nicht auf ethnische Weise ausgelegt werden. Ihr/Dein rhythmisches Gefühl war bis zum Schluss perfekt.
Dieses letzte, äußerste Kunststück – und damit meine ich Ihr/Dein Tod – war geradezu genial! Damit haben/hast Sie/Du den aufrichtigen Dank der ganzen Industrie wahrlich gedient . Fakt ist: Wegen der momentanen Weltwirtschaftskrise waren in den letzten Monaten die Werbeeinnahmen, schwächer denn je, regelrecht eingebrochen. Schon befürchteten wir das Schlimmste.
Dann kam die Nachricht. Im Nu haben wir unsere Sonderhefte veröffentlicht (reich mit Werbung – denn diese Hefte versprachen zukünftig wertvolle Sammlerstücke zu werden)! Es war, als hätte der Herr im Himmel unser inbrünstiges Gebet erhört! Im Fernsehen strahlten wir auf jedem Sender außerplanmäßige Dokus über Ihr/Dein tragisches Leben aus. Die Zeitungen berichteten über intime Details, die jeden interessierte. Ihren/Deinen ganzen Werdegang erzählte man als traurige Moritat, als ewiges Lehrstück für Kinder.
Ja, Sie/Du sind/bist wieder wer! Und zwar für alle Ewigkeit! „Michael Jackson“ wird für immer zu einem Markennamen. Von den Gewinnen werden Ihre/Deine Kinder und Kindeskinder generationenlang zehren können: Aufnahmen der Proben für die Comebacktour, Hunderte von unveröffentlichten Liedern! Huch! Ich weiß, dass Sie/Du in letzter Zeit hohe Schulden hatt/en/est. Betonung aber auf der Vergangenheitsform!
Ihr/Dein Neverland wird bald zu einer vielbesuchten Pilgerstätte. Neben Neverland wird Lourdes bald alt aussehen! Haha. Sie/Du können/kannst kaum ahnen, wieviele Milliarden mit diesem Geschäft locker gemacht werden. Finanzkrisen währen nie ewig. Aber die Gewinne von Michael-Jackson-Produkten werden endlos fließen. Jawohl! Generationen von Unternehmern werden davon profitieren.
Wäre ich ein religiöser Mensch, so würde ich behaupten, Sie/Du hätt/en/est die Industrie mit Ihrem/Deinem Tod erlöst. Das sage ich nicht bloß so. Das meine ich mit ganzem Herzen und deshalb diese aufrichtigen Dankbarkeitsbekundung.
Zugegeben: Wir, d.h., die Industrie und Sie/Du, hatten manchmal unsere kleinen Differenzen. Doch wir liebten Sie/Dich schon immer, verehrter Herr Jackson, lieber Michael. Ehrlich. Und wir wünschen Ihnen/Dir einen angenehmen Aufenthalt im ewigen Neverland.
Ergebenst/in Liebe,
Ihr/Dein S. Tranquillo
Im Namen der ganzen Industrie
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