"Hmmmmm". So lautet nach Steven Mithen, Professor für Frühgeschichte an der Reading Universität in England, das älteste Wort überhaupt. Er ist der Meinung, dass die Neandertaler just diesen Laut anwandten, um mit ihresgleichen zu kommunizieren.
Bekannterweise war das Hirn der Neandertaler größer als das der Homo sapiens. Dennoch war dieser Verwandte im Denken nicht annähernd so flink wie unsereiner. Wir Homo sapiens sind Querdenker, wir kombinieren, verwandeln mit einer Leichtigkeit, um Neues entstehen zu lassen. Der Neandertaler abstrahierte dagegen ungern. Er war völlig im Konkreten verfangen. Mit der einen Vokabel "Hmmmmm", so Mithen, war der Neandertaler aber in der Lage, alles, was ihn bewegte, unmissverständlich auszudrücken. Dazu brauchte er dieses Wort lediglich mit der entsprechenden Körpersprache zu verknüpfen und, siehe da, es vermittelte einen Sinn. Zum Beispiel: "Komm mit mir Hirsche jagen" oder "Wir treffen uns am See" oder "Speer mitbringen" oder "Machen wir eine Handaxt".
Der Neandertaler artikulierte seinen Lieblingslaut übrigens nie ausdruckslos. Er hat ihn, wenn Professor Mithen Recht hat, gesungen! So gesehen wäre "Hmmmmm" eine ständige musikalische Vorführung, bei der Gesang und Tanz eine unverzichtbare Rolle spielten.
Wir Homo sapiens sind dagegen eine echte Kontrastnummer. Durch die Physiognomie unserer Hirne haben wir einen differenzierten Wortschatz und eine klare Grammatik entwickelt. Diese sprachliche Entwicklung hatte allerdings ihren Preis: Sie kam auf Kosten der Musikalität zustande. Letztendlich überlebte aber auch sie – in der Religion. Professor Mithen zufolge haben wir im Gottesdienst das Singen vor dem Vergessen retten können.
Hmmmmm.
Meine Buchempfehlung: "The Singing Neanderthals - The Origins of Music, Laguage, Mind and Body", Steven Mithen, Harvard University Press.
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