Möchten Sie Französisch lernen? Erste Lektion: Nicht die Größe des Wortschatzes, sondern die Beherrschung der passenden Gesten zählt.
Ich komme darauf, weil ich vor kurzem in der International Herald Tribune einen Hinweis auf die Netzseite des Pariser Touristenbüros, cestsoparis.com entdeckte. Dort, so hieß es, erfahren die Surfer die wichtigsten Gesten des Französischen. Ich loggte sogleich ein.
Hier ein paar Beispiele:
1) Die Hand an der Stirnhöhe halten und sie temperamentvoll über den Kopf fahren. Dies bedeutet "ras le bol“ (sprich: ra l’ bol). Zu Deutsch: "Ich habe die Nase voll“.
2) Die senkrechte Hand vor die Brust strecken und mit der anderen auf die ausgestreckte Handkante klopfen. Damit hat man gesagt: "On se tire“ (sprich: oh-ns’ tier). Deutsch: "Gehen wir“.
Wer Weiteres erfahren will, kann diese Seite selbst besuchen. Die Betreiber haben meines Erachtens einen wichtigen Dienst erwiesen: Wenn man die örtlichen Gesten einmal verinnerlicht hat, vermittelt man unter den Muttersprachlern schnell den Eindruck, als sei man selbst nicht ganz so fremd - also niemand, den man übers Ohr hauen könnte.
Den Wert der Gestensprache kann ich anhand eigener Erlebnisse während eines längeren Aufenthalts in Tunesien bestätigen. Anfänglich wurde ich von jeglichem Touristenjäger unwirsch angefallen und belästigt. Mein Kopfschütteln als höfliche Geste des Neinsagens wurde nicht ernst genommen - bis mich ein tunesischer Freund sanft aufklärte: "Bei uns schüttelt man den Kopf nur, wenn man Unentschlossenheit ausdrücken will. Um "nein“ zu sagen, musst du die Hand vor dem Kopf erheben und dann mit dem Zeigefinger hin und her wedeln.“ Ich probierte seinen guten Ratschlag aus. Die Wirkung setzte sofort ein: Belästigungen ade!
Als eifriger Sprachschüler habe ich bald eine noch raffiniertere Geste erlernt: Man fährt mit einer Hand vom Kopf bis zur Brust und verbeugt sich dabei leicht. Dazu sagt man "barakalaafi“ ("gesegnet seist du“). Mit dieser Geste der Höflichkeit erntete ich stets höchsten Respekt. Nota bene: Ich weiß nicht, ob letztere Geste etwas ist, was Frauen in einer arabischen Kultur anwenden dürfen.
Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als sei es mit ein paar Gesten getan, um eine Fremdsprache fließend zu lernen. Natürlich muss man auch die wichtigsten Vokabel beherrschen. Es sind ohnehin nur zwei: "Wieviel?“ und "zuviel“. Dazu muss man freilich auch einige Zahlen gepaukt haben. Es geht aber notfalls auch mit Händen und Füßen. Diese wichtige Wörter lauten auf Tunesisch: "Kadejsch?“ und "Barscha“. Auf Französisch: "Combien?“ und "Trop“.
Ich könnte Ihnen heute mühelos noch weitere Sprachen beibringen. Doch es reicht, so meine ich, in einem Tag erst zwei fließend gelernt zu haben.
Add new comment