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Ernstes zu Fasching

"Fasching“ war mir kein Begriff, als ich vor über 30 Jahren in Deutschland eingetroffen bin. Kein Wunder, dass ich als Dauerfaschingsmuffel praktisch vorgesehen war.

Nur einmal feierte ich mit, wenn man das "feiern“ nennen darf. Das war 1976. Ich war damals in die dunkeläugige Brigitte verliebt. Wenn man verliebt ist, braucht man keinen äußerlichen Anlass, um sich wohl zu fühlen. Zufällig war es aber die Faschingszeit.

Damals pflegte ich Sprachneuling noch dumme Wortspiele über "Fasching“ und "Faschismus“ zu machen. Keiner lachte. Mir wurde im Balde klar: Die Deutschen meinten es mit ihrem Fasching ernst.

Ernsthaft kamen mir ebenfalls die Fernsehübertragungen aus Mainz vor. Alles sehr rätselhaft für den Fremden.

So ging es mir, wie gesagt, vor 30 Jahren. Inzwischen freue ich mich über die "tolle Zeit“, auch wenn ich nach wie vor Faschingsmuffel geblieben bin. Vor allem genieße ich, das Gedränge der kostümierten "Narren“ und "Jecken“ auf der Straße zu sehen. Denn ich weiß mittlerweile, dass man Fasching nicht von ungefähr feiert. Es handelt sich um eine uralte Feier, deren ursprünglichen Sinn sicherlich mit der Vertreibung des trüben Winters zu tun hatte. Bis Februar hat man guten Grund den Winter vertreiben zu wollen. Dieses Jahr ist klimamäßig vielleicht eine Ausnahme geblieben.

Seid wann die "narrische Zeit“, wie man in der Presse so schön sagt, "Fasching“ oder "Fastnacht“, "Fasnacht“ oder "Fassenacht“ heißt, ist unbekannt. All diese Wörter tauchen zum ersten Mal im 13. Jahrhundert in damaligen Chroniken auf. Heute werden diese Begriffe von Sprachforschern üblicherweise mit dem „Fasten“ oder gar mit dem "Fass“ in Zusammenhang gebracht. Letztendlich weiß aber niemand ganz sicher, woher diese Wörter stammen und was sie eigentlich einst bedeuteten. Gleiches gilt übrigens für das Wort "Karneval“, das seit dem 18. Jahrhundert in Deutschland gebräuchlich ist. Häufig wird das "Karneval“ sprachgeschichtlich vom Italienichen "carne levare“, d.h. "das Fleisch wegnehmen“ abgeleitet. Diese Erklärung hat mich nie überzeugt. Warum wurde jemand ein Fest "das Fleisch wegnehmen“ nennen? Ich zähle die Wörter "Fasching“ und "Karneval“ lieber zu den sprachlichen Geheimnissen, was sie ohnehin noch interessanter macht.

Fest steht nur: Der Fasching geht an einem Dienstag zu Ende. Auf ihm folgt dann der Aschermittwoch, also die Fastenzeit, die nach dem katholischen Kalender mit Ostern zu Ende geht.

Papst Gregor I ist es zu verdanken, dass das uralte Volksfest uns überhaupt erhalten geblieben ist. Er räumte ihm schon im 6. Jahrhundert einen festen Platz im christlichen Kalender ein. Wie diese Feier damals hieß, wissen wir leider nicht. Gregors Erfindung war lediglich der Aschermittwoch. Das heißt: Nach dem Feiern geht’s wieder ernsthaft zu. Cleverer Einfall.

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