Ich habe mir Mühe gegeben, heute etwas zu schreiben, was nichts, schon gar nichts mit dem Fasching zu tun hat. Dies allerdings nicht unbedingt, weil ich Faschingsmuffel geworden bin (das war alles natürlich ganz anders, als ich jung war. Einmal verliebte ich mich am Rosenmontag in die schöne B. Aber diese lustige traurige Geschichte erzähle ich in einer Sprachglosse nicht – auch nicht zu Fasching), sondern weil mir zu diesem Thema nichts Außergewöhnliches eingefallen ist.
Aber dann: Aus heiterem Himmel dachte ich an das Wort "Clown“. Ich stellte fest, dass ich von seiner Herkunft keine blasse Ahnung hatte. Also habe ich mich gleich an die Arbeit gemacht.
Erste Überraschung: Kluge ("Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache“) leitet es – übers Englische – vom lateinischen "colonus“ ("Bauer“) ab, was durchaus nachvollziehbar klingt. Immerhin: Der Bauer galt schon seit der Antike in Komödien, in Marionettenspielen und dergleichen als grobe (manchmal schlaue) Witzfigur. Schauen Sie sich die Gesichter von Bauern in Gemälden und Skizzen aus dem 16. und 17. Jahrhundert an. Es sind meistens nur schreckliche Fratzen. Erst im 19. Jahrhundert findet man in der Kunst Bemühungen, das Bauerntum zu idealisieren und zu veredeln (später von Kommunisten und Nazis missbraucht). Die politische Korrektheit ist jedenfalls eine postmoderne Erfindung.
Übrigens: Nicht viel anders erging es dem römischen "villanus“. Auch dieses Wort bedeutet "Bauer“. Genauer gesagt, er war derjenige, der die Felder des Landguts (Latein "villa“) eines betuchten Gutsherrn bestellte. Später nannte man das vornehme Haus des Gutsherrn "villa“. In dieser Bedeutung ist "Villa“ im 18. Jahrhundert als italienisches Lehnwort ins Deutsch übergegangen. "Villanus“ hingegen ist nie zu einem deutschen Wort geworden. Doch im Französischen und im Englischen bedeutet "villain“ nunmehr "Bösewicht“ oder "Unhold“. Wieder ein Vorurteil gegen den Bauern.
Nun zur zweiten Überraschung: Ich bin mit obiger Etymologie von "Clown“ nicht einverstanden. Ich kann nicht akzeptieren, dass Engländer einer früheren Zeit das lateinische Wort "colonus“ in ihre Sprache übernommen haben sollen. Als die Angelsachsen England (etwa im 5. Jt.) eroberten, waren die Römer längst abgezogen. Erst Jahrhunderte später sickerten einige lateinische Wörter in den angelsächsischen Wortschatz ein. Vorwiegend waren es Vokabeln aus dem Kirchengebrauch. Es ist – meiner Meinung nach – zweifelhaft, dass "colonus“ damals auf dieser Liste gestanden hat. Anders liegt die Sache im Bezug auf die Wikinger. Jahrhunderte lang traktierten diese rauhen Skandinavier die Angelsachsen und haben im Lauf der Zeit die englische Sprache fast nebenbei mit vielen Wörtern – vor allem mit Wörtern aus dem tagtäglichen Leben (zum Beispiel "talk“, "sky“; "skin“, "egg“, "get“) – beglückt. Im Altnordischen existierte ein Wort "klunni“ im Sinne von "Rüpel“. Es wäre verständlich, wenn auch diese Vokabel – vor allem weil es wahrscheinlich ein Schimpfwort war – von den Angelsachsen übernommen worden wäre.
Fest steht jedenfalls: Ob "klunni“ oder "colonus“ bald tritt der "Clown“ als Lachnummer auf die englischsprachige Bühne, um dann später ein Exportschlager zu werden.
Nur eins ist der "Clown“ nicht: ein "Klon“. Dieser relativ neuer Begriff wurde um das Jahr 1900 von Wissenschaftlern erfunden, um ein Verfahren, das man bisher "Aufpropfen“ nannte, vornehmer klingen zu lassen. "Klon“ bedeutet auf Griechisch "Zweig“.
Da heute Fasching ist, wäre es vielleicht angebracht, diese Glosse mit einem Klonwitz zu schließen. Also bitte: Wofür fürchtet sich ein geklontes Kind am meisten? Es könnte eines Tages werden wie seine Eltern. Alaaf und Helau usw.
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