Manche haben dem Sonntagabend mit Eifer entgegengefiebert: Zum achtzigsten Mal wurde der Preisverleih der American Academy of Motion Picture Arts – in Deutschland besser bekannt als "Oscar-Verleih“ – gefeiert.
An mir ist das große Ereignis dieses Jahr allerdings klanglos vorübergegangen. Erst im Nachhinein habe ich erfahren, dass es überhaupt stattgefunden hatte. Die meisten Filme – und Schauspieler/innen – waren mir ohnehin kaum bekannt.
Mein Desinteresse ist wohl eine Ausnahmeerscheinung. Immerhin: Der Preisverleih wurde gestern um 12h in den "Heute“-Nachrichten detailliert geschildert. Vielleicht deswegen hatte man keine Zeit, um über die verheerende Lage in Darfur zu berichten. Haben Sie gewusst, dass es in Los Angeles beim Oscar-Verleih geregnet hat und dass man ein großes Zelt errichten musste, damit die Stars keine nasse Füße bekommen?
Wie dem auch sei: Die Nachricht um die Oscars erweckte in mir das Bedürfnis, dem Wort "Oscar“ auf den Grund zu gehen. Das Internet ist voller Quellen zu diesem Begriff. Hauptquelle für meine Recherchen war aber die seriöse Online-Ausgabe der "Encyclopedia Britannica“.
Es gibt mehrere Theorien darüber, wie die begehrte vergoldete Statuette zu ihrem Namen gekommen ist. Als die ersten Preise 1928 verliehen wurden, hieß die Statue schlicht und einfach "Academy Award of Merit“ (etwa "Verdienstpreis der Akademie“). Klingt vielleicht ein bisschen betulich, aber viele Menschen sagten "Academy Award“ als Bezeichnung für den begehrten Preis der Akademie auch noch während meiner Jugend.
"Britannica" führt drei Theorien über die Herkunft des Wortes "Oscar“ als Namen des Preises an: Die erste: Eine Bibliothekarin der Academy, Margaret Herrick, habe, als sie die frisch geprägte Statuette zum ersten Mal sah, ausgerufen "Sie erinnert an meinen Onkel Oscar!.“ Eine zweite Geschichte besagt, dass die Schauspielerin Bettie Davis Ähnlichkeiten mit ihrem Ehemann Harmon Oscar Nelson erkannt habe. Nach einer dritten Version habe ein Journalist namens Sidney Skolsky den Namen selbst aus dem Boden gestampft. Er meinte, die Statuette brauche einen Spitznamen, der sie volksnäher mache. Wikipedia bietet übrigens eine vierte Variation an: Da heißt es, dass Walt Disney für den Namen verantwortlich gewesen sei. Letztendlich aber weiß keiner, wie der "Oscar“ "Oscar“ wurde. So schnell wird etwas zu einem Geheimnis.
Während ich über den "Oscar“ forschte, kam mir in den Sinn, dass der "Oscar“-Verleih erst seit höchstens 20 Jahren in Deutschland als wichtiges Ereignis beachtet wird. Man sieht daran, wie einflussreich die Unterhaltungsindustrie geworden ist.
Fürs deutsche Ohr gab es früher nur einen "Oskar“, der etwas zählte. Das war der "Oskar“ von dem man sagte, jemand sei "frech wie Oskar“ oder manchmal "fesch wie Oskar“ oder "forsch wie Oskar“.
Wer war dieser "Oskar“? Eins steht fest: Er war kein Import aus den USA. Nach dem "Duden“ war der erste "freche Oskar“ ein Zeitungskritiker namens "Oskar Blumenthal“ (1852-1917) – Nein, er ist mit dem Sprachbloggeur nicht verwandt – , der einst für seine beißenden Texte bekannt war. Küpper ("Worterbuch der deutschen Umgangsprache“) ist anderer Meinung. Er glaubt, dass der Leipziger Jahrmarktverkäufer "Oskar Seiffert“ als Pate für diese Redewendung stehen habe. Auch dieser "Oskar“ war zu Lebzeit ob seiner frechen Schnauze überregional bekannt geworden. Küpper datiert das erste Erscheinen der Redewendung "frech wie Oskar“ für das Jahr 1870. Falls er recht hat, war Namensvetter Oskar B. noch zu jung, um sich als Blattmacher zu profilieren. Übrigens: Andere Sprachforscher leiten "Oskar“ vom Jiddischen "ossok koro“, "harte Bissen“ ab. Auch in diesem Fall ist, wie Sie sehen, keine klare, etymologische Aussage möglich.
Nochmals: Interessant, wie schnell eine Redewendung entstehen kann und seine Spuren verwischen.
Ebenso obskur ist die Herkunft von "Oskar“ als Rufname. Es stehen nämlich zwei "Oskars“ zur Wahl: Einer kommt aus dem Altirischen und bedeutet "Rehliebhaber“. Der andere ist ein Angelsachser und hat den Sinn "Gottesspeer“.
Fazit: Jedem sein Oscar…bzw. Oskar.
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