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„Enshittification“: Ein Loblied auf die westliche Zivilisation

Achtung. Hier finden Sie kein Weltuntergangsgejammer bzgl. der Westlichen Zivilisation. Im Gegenteil. Ich behaupte – egal was die Unkenrufer kreischen –, dass die Westliche Welt kein Auslaufmodell ist. Sie erneuert sich ständig. War schon immer so.

Ich komme auf diesen Gedanken deshalb, weil ich heute zufällig auf das Wort „Enshittification“ gestoßen bin.

Womöglich haben Sie schon etwas davon erfahren. Ich bin nicht der erste, der darüber berichtet. In der FAZ, in der TAZ und in sonstigen Medien finden Sie allerlei darüber. Nebenbei: Ist es Ihnen jemals aufgefallen, dass sich „FAZ“ und „TAZ“ reimen? Daraus könnte man sicherlich ein schönes Gedicht machen! Muss darüber nachdenken.

Aber zurück zur Enshittification. Will heißen: Alles wird zu Scheiße.

Ein gewisser Cory Doctorow, kanadischer Science Fiction Autor und Journalist, hat diesen Begriff 2022 geprägt – und zwar bezüglich der „social“ Medien, die – seiner Meinung nach – je länger sie verwendet werden, desto ärger in die Versumpfung geraten.

Ich muss zugeben, dass mir der Begriff bis vor ein paar Tagen neu war.
Im Internet habe ich gesehen, dass ihn jemand mit „Verschlimmscheißerung“ übersetzt hat. Hübsch. Für mich aber ebenso neu als Begriff wie „Enshittification“.

Wie gesagt: Es geht um die Versumpfung, sprich: zunehmende „Dekadenz“ der sozialen Medien. Diese Online-Instanzen fangen erst mit einem gewissen Idealismus an und werden immer mehr zu rüden Geldgeschäften. Etwa „Twitter“, „Facebook“, „Instagram“, „TikTok“, „YouTube“ usw. Dazu kann ich eigentlich wenig sagen. Mit Ausnahme von YouTube schaue ich bei den anderen Adressen nie vorbei.

Stimmt der Vorwurf aber wirklich?

Braucht man ein Wort wie Enshittification, um festzustellen, dass es bei „Twitter“ (bzw. „X“),“TikTok“, „Tinder“ usw. – sagen wir es vornehm – nicht immer um Zuverlässiges handelt und dass diese digitalen Werkzeuge stets schlechter werden, weil der gemeinsame Nenner allseits „Gewinn“ heißt?

Nun wage ich etwas Dummes zu fragen: Sind die sozialen Medien, um die es hier geht, nicht letztendlich Popkultur wie früher mal Rudi Carrell, Bauer sucht Mäderl, und Th. Gottschalk – mit dem Unterschied, dass man selbst Akteur sein kann? Soll man Wunder erwarten, wenn man sich mit der Popkultur befasst? Immerhin: Bei YouTube kann man alles Mögliche lernen: wie man Kacheln sauber bekommt, wie man Gitarre spielt usw. usw.

Stehen wir wegen der Oberflächlichkeit der sozialen Medien wirklich vor dem Ende der dekadenten westlichen Zivilisation?

Denken Leute tatsächlich so, entgegne ich auf Englisch: „Get a life“ – etwa „reiß dich zusammen“.

Und nun ein schmutziges Geheimnis: Nicht die Westliche Zivilisation ist am Rande der Verschlimmscheißerung, sondern die autoritäre Welt. Damit meine ich – zumindest politisch – China, Russland, Indien, Iran und lauter arabische und afrikanische Staaten.

Ist es Ihnen nicht aufgefallen, dass der Einfluss unserer westlichen „enshittification“ massive Änderungen auf die restliche Welt ausüben? Vor allem deshalb, weil die sozialen Medien alle überall erreichen!

„Enshittification“? Nein. Bloß business as usual. Wir im Westen streiten seit jeher miteinander, treiben Blödsinn und vor allem: Wir experimentieren und erfinden. Umso mehr wird unsere Art und Weise mit der Realität umzugehen ansteckend.
Achtung: Das ist eine gute Nachricht.

Nun habe ich erfahren, dass ein Wörterbuch namens MacQuarie „Enshittification“ zum Wort des Jahres erklärt hat. Gratulierung.

Es lebe die Enshittification!

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