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Wladimir träumt

(Nachts. Ein Prachtschlafzimmer in Sotschi am Schwarzen Meer. Wir befinden uns im Schloss von Vladimir Putin, dem Präsidenten Russlands. Alles ruhig. Der Präsident schläft. Er ist entspannt, denn alles läuft gut. In Moskau sitzt sein Doppelgänger am Schreibtisch. und er erledigt – wie man sagt – die Post. Der wahre Präsident fühlt sich mit recht wohl. Seine militärische Sonderaktion verläuft – endlich – einigermaßen planmäßig. Sein Beliebtheitsgrad bleibt hoch. Seine Gegner sind untereinander zerstritten. Ja das Risikospiel scheint endlich doch aufzugehen – genauso, wie er sich das damals vorgestellt hatte. Der Präsident träumt…)

Putin: (im Schlaf. Er lauscht der eigenen Stimme) Ich habe mal eine Ratte gesehen. Sie wurde in die Enge getrieben, in die Enge getrieben, in die Menge geblieben, in die Senge gerieben. Ich sah mal eine Ratte. Und sie schaute mir zu. Sie war in die Menge gerieben, in der Enge geblieben…Mir war klar, sie wird etwas tun. Handeln oder sterben. So denkt ein Tier, wenn man das Denken nennen darf. Nur die zwei Alternativen gäbe es jedenfalls …He? Was ist los? Die Ecke ist weg. Die Ratte ist weg. Nein. Eben nicht. Nun stehe ich in der Ecke! Ich. Ich…bin…eine Ratte? Nein! Nie. Ich nie! Nein! Njet!

(Es ist doch keine Ecke. Der Präsident steht nun auf einem offenen Feld. Doch mit einem Mal nimmt er etwas in der Ferne wahr: …einen Menschen auf einem Pferd?)

Putin: Wie bitte? Sehe ich einen Menschen auf einem Pferd? Er scheint in meine Richtung zu galoppieren. Ich kann aber nicht ausmachen, wer das ist. (Er schaut sehr genau hin) Kann es sein? Sitzt ein Mann mit dem Oberkörper frei auf einem Pferd? Wer ist das? Bin ich das? Ja! Bestimmt! Ich bin’s! Reite auch ich nicht gerne mit freiem Oberkörper über die Felder? Solche Bilder veröffentlicht man des Öfteren – und sie scheinen dem Publikum zu gefallen…insbesondere den Damen! Ha! Ja! Ha! Den Damen! Schließlich leben wir in Russland, wo ein Mann ein Mann ist und die Frauen dafür dankbar sind. Die Frauen mögen mich, während die Männer mich beneiden! Bei uns keine Schwulitäten wie im dekadenten Westen. Pfui Teufel! Doch jetzt nähert sich mir dieser Mensch auf dem Pferd…bin ich das? Oder träume ich vielleicht. Im Traum kann man sich immer begegnen. Mich dünkt aber, dies ist kein Traum. Ich fühle mich ebenso vital wie im wahren Leben.

(Die Figur auf dem Pferd nähert sich dem Präsidenten)

Putin: Nein. Ich bin es doch nicht! Das kann ich schon jetzt feststellen. Wer ist denn das? Irgendwie kenne ich diesen Menschen auf dem Pferd. Er kommt mir immer näher. Ich glaube…ach nee…es kann nicht sein! Nein! Nein! Ich sehe ihn jetzt. Ach nein! Er ist es doch! Er! Nawalny! Nein!

Nawalny: (Sein Oberkörper ist unbekleidet. Er wirkt jung und schön, voller Vitalität) Ja, Vladimir, ich bin‘s. Lange wartest du auf diesem Augenblick, wo wir uns endlich begegnen. Na? Was meinst du? Wer ist schöner? Du oder ich?

Putin: Wächter! Wächter! Kommt her! Sofort! In meiner Schlafkammer ist ein…ein…ein Einbrecher, und er reitet auf einem Pferd! Erschießt ihn! Auf der Stelle! Ich gebe Euch zwanzigtausend Euro, wenn ihr ihn sofort erschießt!

Nawalny: Aber Wladimir, wieso mich erschießen? Ich bin schon tot. Das weißt du ja auch. Du kannst mich nicht mehr erschießen. Du kannst mich auch nicht den Zutritt zu deiner Schlafkammer verweigern. Ich bleibe bei dir für immer – und zwar mit nacktem Oberkörper, damit du dich mit mir stets vergleichen kannst. Du wirst feststellen, dass ich schöner bin. War ich schon immer. Das würden die Frauen auch sagen. Findest du nicht, Wladimir?

Putin: Du bist ein Mann! Ich mache mir nie Gedanken über die Schönheit anderer Männer. Zeige dich aber ja nicht in der Öffentlichkeit so, sonst…sonst…schicke ich dich wieder in den Gulag.

Nawalny: In den Gulag? Ach komm, Wladimir. Jetzt drohst du in die Leere. Komm, Wladimir. Hier. Ich habe auch ein zweites Pferd. Das zweite ist für dich. Zieh dein Oberhemd aus. Steig aufs Pferd, und wir machen ein schönes Foto. Was hältst du davon?

Putin: Du bist eine Ratte in der Ecke, eine Watte mit ‘ner Zecke, eine Latte in der Hecke! Wächter! Wächter! Bringt mir ein Glas Wasser!

Nawalny: Komm, Wladimir, ich hole dich ab. Kommst du nicht mit, bekommst du immerhin ein Glas Wasser. Immerhin etwas… Ich verlasse dich aber nie mehr.

(Ein Licht geht an. Ein Diener in Livree steht an der Tür)

Diener: O Herr der Welt, Wasser hat er sich gewünscht? Ich stehe Ihm zu Diensten…

In eigener Sache Keine Glossen bis Mitte März. Bin auf Geheimmission. So schnell vergehen die Monate des neuen Jahres.

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